Wer beschließt, Psychotherapeut*in oder Psychoanalytiker*in zu werden, hat sich wahrscheinlich schon lange viele Gedanken gemacht. Was viele nicht wissen: Voraussetzung für eine Ausbildung zum Psychoanalytiker/zur Psychoanalytikerin ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium, aber das muss nicht unbedingt Medizin oder Psychologie sein. Es gibt auch Akademiker anderer Fachrichtungen, die z.B. bei der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV), der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) oder der Gesellschaft für Psychoanalyse und Psychotherapie (GPP) eine Ausbildung zum/zur Psychoanalytiker*in machen. Das ist zwar oft sehr schwierig, aber möglich. Nach abgeschlossener Ausbildung sind sie dann sogenannte „Laien-Analytiker“ – doch die Ausbildung ist dieselbe wie bei Ärzten und Psychologen auch. Weiterlesen
Um Psychotherapeut*in/Psychoanalytiker*in zu werden, brauchst Du ein Interesse daran, das Aversive zu untersuchen. Deswegen ist dieser Beruf oft auch so schwierig und deswegen scheuen sich viele Patienten davor, eine psychoanalytische Psychotherapie zu beginnen. Manchmal machen wir Halt, bevor es zu aversiv wird. Wir sagen, wir wollen den Patienten schonen, doch wollen wir häufig auch uns selbst schonen. Rasch schauen wir nach den den Stärken und Ressourcen. Doch wenn Patienten eine ähnliche Atmosphäre schaffen wie die, in der sie groß geworden sind, wenn es also auch um Gewalt, Schuld, Ekel und (noch) nicht Benennbares geht, dann ist es oft schwer auszuhalten.Weiterlesen
Das Kind, es hat niemanden, der es versteht. Niemanden, der mit ihm spricht, der es warmherzig umarmt und niemanden, der ihm Halt gibt. Das Kind, es friert fast das ganze Jahr. Nur manchmal, da stellt es sich an den Rand des weiten Feldes und lässt sich vom Wind umarmen. Der warme Dezemberwind nimmt das Kind in seine Geborgenheit. Er ist der Einzige, der es tröstet. Und als es einschläft, spürt es, wie der Wind es davonträgt.Weiterlesen
Plötzlich bist Du heiser und die Stimme ist weg. Die Heiserkeit wird als „Dysphonie“ bezeichnet („Dys“ = „gestört“), die Stimmlosigkeit als „Aphonie“ („A“ = „weg“, „phon-“ = Ton, Stimme). Doch der HNO-Arzt kann vielleicht nichts feststellen – er sieht höchstens in der Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie), dass sich die Stimmlippen während der Lautbildung (Stimmbildung, Phonation) nicht ganz so annähern, wie sie es bei beschwerdefreien Menschen tun würden. „Das ist psychisch bedingt“, sagt er dann. Und nun? Besonders Frauen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr sind von psychisch bedingten Stimmstörungen betroffen (Ärzteblatt, 8. Mai 2015). Dabei ist man „verstimmt“ und nicht in „guter Stimmung“. Weiterlesen
Viele Phantasien sind tief in unserer Psyche verankert – manches wird uns manchmal bewusst. So könnte man sagen: Echte Kastrationsangst hat nur der Junge. Mädchen kann man nicht kastrieren – sie sind von der Phantasie her betrachtet in gewisser Weise schon kastriert. Es fehlt ihnen etwas. Daher könnten Mädchen möglicherweise nicht nur einen Penisneid, sondern auch eine Art „Kastrationskomplex“ haben. Nach dem Psychoanalytiker Karl Abraham (1921) äußert sich der Kastrationskomplex bei der Frau so: Sie hat den starken Wunsch, so zu sein wie ein Mann (Identifikation mit dem Mann, Wunscherfüllungstyp) oder den starken Wunsch, sich an Männern zu rächen (Rachetyp). Bildlich gesprochen soll der Vater dafür bluten, dass er die Tochter nicht genug geliebt und die Mutter bevorzugt hat. Weiterlesen
Die „Transference Focussed Psychotherapy (TFP)“ heißt auch „Übertragungs-fokussierte Borderline-Therapie“. (Nicht verwirren lassen: Auch die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie wird mit TfP abgekürzt.) Die Übertragungsfokussierte Psychotherapie ist eine spezielle Form der psychodynamischen (= tiefenpsychologischen) Psychotherapie, bei der sich Therapeut und Patient auf die Übertragung und die Gegenübertragung konzentrieren. Eigentlich ist es also Psychoanalyse. Eine typische Frage des Analytikers lautet zum Beispiel: „Und wie ist es für Sie hier bei mir? Bin ich nun auch jemand, der Sie nicht akzeptiert, so wie Ihr Chef es tut?“ Vollständig entwickelt wurde die TFP im Rahmen des Psychotherapy Research Project (springerlink) der Menninger Foundation von John F. Clarkin (Borderlinedisorders.com, PDF), Frank E. Yeomans (FrankYeomans.com) und Otto F. Kernberg.Weiterlesen
Menschen mit einer Cluster-B-Persönlichkeitsstörung zeichnen sich dadurch aus, dass sie besonders launisch und instabil sind. Die Betroffenen sind sehr emotional – alles scheint bei ihnen sehr dramatisch zu sein, wie auf einer Bühne. Das ist natürlich auch eine kulturelle Frage: Ein Brasilianer erhält vielleicht eher die Diagnose „Cluster-B-Persönlichkeitsstörung“ als ein Norweger. Zu den Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen zählen Persönlichkeitsstörungen mit dramatischem, emotionalem und launenhaftem Verhalten, also vereinfacht gesagt die Borderline-Störung, die histrionische, die narzisstische und die dissoziale (antisoziale) Persönlichkeitsstörung (APS). Weiterlesen
Was passiert eigentlich, wenn wir sagen: „Ich hasse mich!“? Wer ist „Ich“ und wer ist „mich“? „Ich“ bin der Steuermann, während das „Mich“ unser Kern ist, unser Selbst, insbesondere auch unser Körper („Ich schneide mich“). Das „Ich“ ist der Aktuer, das „Mich“ ist derjenige, der erlebt, der erfährt, dem etwas widerfährt. Allerdings gibt es viele Definitionen von „Ich“ und „Selbst“, die dann dieses Bild auch wieder durcheinanderbringen. Sigmund Freud sagte: „Das Ich ist vor allem ein Körperliches“ (Freud: Das Ich und das Es, 1923, Projekt Gutenberg. Zeichnung dort: Vdgt = Verdrängtes). Wir spüren unser Ich durch unseren Körper und sagen: „Ich habe Hunger. Ich bin hungrig.“ Weiterlesen