
Manchmal träumen wir zwei oder mehrere Träume hintereinander, von denen wir merken, dass sie etwas miteinander zu tun haben. In der Traumforschung lässt sich dieses Phänomen gut wiedergeben. Versuchspersonen, denen man ein Bild (z.B. eine Lokomotive ) so kurz zeigt, dass es unter der Wahrnehmungsschwelle (subliminal) liegt, träumen nachts dann von Teilen dieses Bildes. Im ersten Traum träumen sie z.B. von etwas Rundem, dem Rad. In einem darauffolgenden Traum träumen sie von dem restlichen Wagen der Lok oder von den Objekten aus der Umgebung. Dieses Aufeinanderfolgen von zusammenhängenden Traumteilen in verschiedenen Träumen, nannte der Traumforscher Otto Pötzl (1877-1962, Wikipedia) „Sequenzialisierung“. Weiterlesen
Wenn wir in einem Traumlabor ein Bild als Stimulus (also als „Reiz“) so kurz gezeigt bekommen, dass wir es bewusst gar nicht wahrnehmen können, kann das Bild in Teilen wieder in unseren Träumen auftauchen. Beispielsweise zeichneten Versuchspersonen, die das Bild einer alten Lokomotive mit einem großen Rad gezeigt bekommen hatten, nach ihrem Traum Teile des Rades, z.B. die Schraube aus der Mitte. Das große Rad wurde also im Traum in seine Einzelteile zerlegt („Dissoziation“). Den kleinsten gezeichneten bzw. erinnerten Baustein, der noch als „Stimulusrest“ wiedererkannt werden kann, wurde von der Traumforschungsgruppe um Wolfgang Leuschner als „Radikal“ bezeichnet.Weiterlesen
Immer wieder wollen wir unsere Ernährung umstellen – was immer das heißen mag. Es werden Smoothie-Mixer und Spiral-Schneider gekauft, Avocados, Feigen, Datteln und Sojapäckchen liegen bereit. Und nach ein paar Tagen radikaler Ernährungsumwandlung merken wir vielleicht: Wir fühlen uns kränker denn je. Kürzlich stieß ich auf das Buch von Karen Fischer: The Eczema Diet, www.eczemalife.com. Es ist sehr gut recherchiert und enthält interessante Ansätze. Von der Salicylatintoleranz durch Salicylate in Lebensmitteln hatte ich bisher nicht gehört. Weiterlesen
Ich las einmal ein englisches Stück, das ging ungefähr so: Sie spürte Liebe in ihrem Bauch. Das Gefühl stieg in ihrem Hals auf und legte sich auf ihre Zunge. Sie sprach das Wort „Liebe“ aus. Und es fiel auf den Boden und zerbrach wie Glas in tausend Scherben. | Warum haben wir so oft den Eindruck, dass unser Gefühl stirbt, wenn wir es aussprechen? Vielleicht, weil die Worte unserem Gefühl nicht immer gerecht werden können. Unsere Gefühle sind oft so unaussprechlich, dass wir spüren: Das Wort kann nicht annähernd ausdrücken, was wir wirklich fühlen. Vielleicht denken wir, der andere will von uns hören, was wir fühlen – so wie Erwachsene zu einem Kind manchmal sagen: „Was sagt man da?“, um das Wort „Danke“ zu hören. Doch dadurch wird etwas Wertvolles zerstört: Das Gefühl geht kaputt. Weiterlesen
Wie entscheidend die ersten drei Lebensmonate für unsere psychische Entwicklung sind, zeigt die Säuglingsforscherin Beatrice Beebe eindrucksvoll in ihrem Video „Decoding the nonverbal language of babies“ (2019, Youtube). Wenn man als Baby keine ausreichend einfühlsamen Eltern hatte – ist dann alles verloren? Mimik und Gestik der Mutter/des Vaters (oder jeder anderen nahen Bezugsperson) entscheiden mit darüber, ob sich ein Kind verstanden, geborgen oder verloren fühlt. Doch nicht nur die Mutter beeinflusst ihr Kind, sondern auch das Kind hat Einfluss auf die Mutter. In der Psychotherapie können bewusst neue Erfahrungen mit der Mimik ermöglicht werden.
Beatrice Beebe zeigt Beispiele von geglückter und von missglückter Face-to-Face-Kommunikation. Vieles wird erst in der Zeitlupe von Sekunde zu Sekunde sichtbar.
Bei der gut passenden Kommunikation bekommt die Mutter mit, wenn ihr Kind den Kopf wegdreht und Rückzug braucht. Dann kann sich auch die Mutter etwas zurücklehnen und eine träumerische Haltung einnehmen. Kommt das Baby wieder zurück in den Kontakt, reagiert die Mutter mit einem „Willkommen“.
In der Video-Aufnahme mit einer frühtraumatisierten, depressiven Mutter, ist die Hoffnungslosigkeit der Mutter in ihrem Gesicht zu sehen. Die Mutter zieht sich in sich zurück, wird in negativer Weise „träumerisch“ und denkt: „Das ist zu viel für mich. Ich will Dich so nicht.“ Andererseits reagiert die Mutter in übertriebener Weise auf die erneute Kontaktaufnahme des Babys mit ihr. Diese Überreaktion erschreckt das Kind. Manchmal lacht die Mutter an unpassenden Stellen, wobei das Kind im Video fast wie ein Erwachsener seine Hand auf sein Gesicht legt, als wollte es sagen: „Oh mein Gott.“
Wohl wissend, dass so manch ein Patient als Baby eine unpassende Kommunikation erlitten hat, kann die achtsame Gesicht-zu-Gesicht-Kommunikation in der Psychotherapie heilsame Wirkung haben. Aus den Videos von Beatrice Beebe können Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen viel lernen. Wichtig ist es, in der Mimik passend auf den Patienten zu antworten, ohne ihm zu ähnlich oder zu fremd zu sein. Meistens passiert das natürlicherweise, ohne darüber nachzudenken.
Beebe zeigt, wie unpassend es ist, wenn ich ein besorgtes Gesicht mache, und der andere ein versteinertes Gesicht aufsetzt. Wenn ich besorgt bin und der andere fängt an zu lachen oder er wendet sich ab, dann bekomme ich ein ungutes Gefühl. Wenn ich jemanden anlächele und der andere lächelt nicht zurück, fühle ich mich komisch, fremd, irritiert, enttäuscht und vielleicht ärgerlich. Wir wissen das alles. Doch es kann sehr lohnend sein, in der Psychotherapie auf Gestik, Mimik, Körperhaltung und Stimme zu achten.
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 7.6.2023
Manchmal leiden wir unter Schmerzen am Anus, ohne dass wir Schäden wie z.B. Hämorrhoiden oder Fissuren dort haben. Meiner Erfahrung nach sind die Ursachen oft Kälte und zu viel Essen am Abend. In einer Studie aus dem Jahr 1986 (Dodi et al.) konnte gezeigt werden, wie Kälte den Druck im Anus erhöhen kann. So höre ich auch oft, dass Betroffene (gerade auch Kinder) nach einem längeren Besuch im Schwimmbad über Anusschmerzen klagen. Anusschmerzen können sich ähnlich anfühlen wie ein Vaginismus, also eine schmerzhafte Verkrampfung der Vagina. Der innere Anusschließmuskel besteht aus glatter Muskulatur, die wir kaum bewusst steuern können, ähnlich wie die übrige Darmmuskulatur. Weiterlesen

Bindungsstörungen, die innerhalb der ersten fünf Lebensjahre auftreten und mit einem häufigen Wechsel von Bezugspersonen und Vernachlässigung zusammenhängen, heißen „reaktive Bindungsstörungen“. Sie kommen dann vor, wenn Kinder früh misshandelt, vernachlässigt oder abgegeben werden, wenn sie die Familien wechseln müssen oder in einem Heim leben. in dem sie sich nicht wohlfühlen. Die Bindungsstörung zeichnet sich dadurch aus, dass die Kinder emotional instabil und ohne festen Bezug zu einer anderen Person sind. Es fällt ihnen schwer, mit anderen Kindern zu spielen. Sie sind entweder gehemmt, furchtsam und zurückgezogen oder sie verhalten sich „draufgängerisch“, aggressiv, wahllos freundlich oder distanzlos. Weiterlesen

„Soll ich den anderen jetzt anlächeln, oder nicht? Soll ich nun auf die Wippe gehen, oder nicht?“ Wenn ein Kind überlegt, ob es auf etwas Neues, Abenteuerliches zusteuern soll oder nicht, dann schaut es nach der Mutter. Es sucht nach ihrer Rückversicherung (Soziale Referenzierung, englisch: Social Referencing). Mit etwa acht bis neun Monaten beginnt das Kind, sich an den Gefühlen und Gesichtsausdrücken der anderen zu orientieren. Schaut die Mutter ängstlich, wird sich auch das Kind zurückhalten. Nickt sie dem Kind zu und schenkt ihm aufmunternde Blicke, so wird seine Abenteuerlust gestärkt. Weiterlesen

In der Psychoanalyse gehen Patient und Psychoanalytiker ein „Arbeitsbündnis“ ein. Beide halten sich an den vereinbarten Rahmen (z.B. feste Zeiten) und ihre Aufgaben (z,B. Abstinenz auf Seiten des Psychoanalytikers und freies Assoziieren auf Seiten des Patienten, wobei heute auch das Schweigen als kreativer Prozess verstanden wird und nicht mehr hauptsächlich – so wie früher – als Widerstand). Wenn wir Hilfe bei eime Psychoanalytiker suchen, dann erhoffen wir uns einen Partner, der uns dabei hilft, unsere inneren Mächte zu erforschen und verstehen. Wir wollen erkennen, was in uns vor sich geht, damit sozusagen „das Gute über das Böse“ siegen kann. Unsere inneren Kräfte und äußeren Bedrohungen sind manchmal so groß, dass wir alleine damit nicht mehr zurecht kommen. Weiterlesen
Billie Eilish hat es, Jan Zimmermann beschreibt sein Tourette-Syndrom sehr anschaulich in seinen Videos „Gewitter im Kopf“ und im Fernsehen finden sich immer häufiger Menschen, die von dieser Erkrankung erzählen. Dabei leiden die Betroffenen unter nicht oder nur schwer kontrollierbaren Bewegungen (Tics) und Ausbrüchen von Worten, kurzen Sätzen und Geräuschen bzw. Stimmlauten (Vokalisationen). Sehr oft sind es aggressive, provokante und obszöne Worte, die plötzlich aus den Betroffenen ausschießen. Weiterlesen