Hirschhausen und ADHS – berührende Sendung mit typischen Lücken: Psychodynamisches fehlt

Eckart von Hirschhausen erkundet ADHS und stellt dabei fest, dass auch er mäßig betroffen ist. die sendung ist sehr einfühlsam gemacht und sehr angenehm zu schauen, doch sehr mainstream. die dopaminmangelhypothese wird beschrieben, als sei sie nicht mehr umstritten. der vergleich zu diabetes wird gezogen, obwohl auch dieser hinkt, denn es gibt keine nachweisbaren, bleibende organ- oder strukturschäden. das hohe adhs-vorkommen bei inhaftierten wird thematisiert – und es wird nicht benannt, dass inhaftierte oft frühe gewalt oder vernachlässigung erlebt haben – sie sind häufig frühtraumatisiert. und eines fehlt in dieser sendung ganz besonders: die betrachtung der trauer. bei menschen mit adhs scheinen weinen und trauer nur selten aufzutauchen. doch trauer führt zu ruhe. einen zugang zur trauer zu finden, ist bei adhs oft eine kunst, denn diese durfte es oft nicht geben – sie wurde verdrängt.

daher finde ich das beispiel eines mädchens in der sendung berührend, das seit jahren mit methylphenidat behandelt wird. die mutter habe es nie bereut, doch die tochter sagt, wie sehr sie es hasse. es wird ihr zugehört und doch wird sie übergangen. dennoch finde ich es eine grosse leistung der eltern und der sendung, dass dieser part mit erscheinen durfte.

das mädchen habe glück gehabt, früh diagnostiziert und mit medikamenten behandelt worden zu sein. doch was, wenn es vielleicht auch ihr pech war? wenn man z.b. nie die alternative einer psychoanalytischen therapie ins auge gefasst hat?

das „sensation seeking“ bei adhs kann auch eine folge davon sein, dass emotionen nicht in der tiefe erlebt werden können. diese fähigkeit wird eben doch auch in engen bindungen erlernt, z.b. in der frühen mutter-kind-bindung, wobei auch wichtig ist, dass ein guter vater da ist – so wird die mutter entlastet und das kind erlernt triangulierung und symbolisierung. adhs ist nicht das eine oder das andere. mütter und väter haben keine schuld, sondern selbst schicksale. es wäre schön, wenn hirschhausen seine sendung noch durch tiefenpsychologische erkenntnisse ergänzen könnte.

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