Fibromyalgie hängt möglicherweise mit frühen psychischen Traumata zusammen

Vielleicht leidest Du an einer Fibromyalgie (wörtlich: Faser-Muskel-Schmerz) und weißt, wie quälend das ist: Schmerzende Muskeln und Gelenke, Abgeschlagenheit, Kribbeln in Armen und Beinen, Schlaflosigkeit und vieles mehr kann dazu gehören. Ich habe bisher noch nicht mit einem Fibromyalgie-Betroffenen gesprochen, der kein schweres Trauma gehabt hätte. Viele haben schon in frühester Kindheit körperliche und psychische Beschädigungen erlebt wie z.B. medizinische Behandlungen in den ersten Lebensjahren oder Gewalt in der Familie. Das führte vielleicht zu einem Leben in innerer Alarmbereitschaft.

Die frühen körperlichen und seelischen Verletzungen sind „in den Körper eingeschrieben“, wie Therapeuten manchmal sagen. Zwar können wir uns oft nicht mit Worten erinnern, aber wenn wir z.B. bestimmte Körperhaltungen einnehmen oder ein bestimmtes Licht einfällt, dann fühlen wir uns vielleicht plötzlich schlecht. Wir „erinnern“ uns dann körperlich, teilweise ohne bewusst Zusammenhänge herstellen zu können. Allein das Wissen darum kann etwas Orientierung und Erleichterung verschaffen.

In Momenten, die uns an das Schlimme „erinnern“, reagiert unser vegetatives Nervensystem. Unsere Muskelspannung erhöht sich und wir geraten innerlich in Katastrophenstimmung. Wenn wir in unserer inneren Vorstellung oder äußerlich niemanden haben, der uns dann beruhigen kann, sind wir mit unserem schmerzhaften oder erschreckenden psychischen Zustand allein. Egal, wie gut wir uns zureden – nichts scheint in diesem Moment helfen zu können. Viele Fibromyalgie-Betroffene verbringen ihr Leben in fast ständiger innerer Anspannung und können das nicht abstellen, denn beteiligt sind unsere tiefen Innenwelten und Hirnregionen, die wir mit unserem Verstand kaum erreichen können.

Insbesondere Frauen, die Vergewaltigungen erlebt haben, scheinen von Fibromyalgie häufig betroffen zu sein (Ciccone D. et al., 2005).

Dabei ist zu bedenken, dass schwere medizinische Behandlungen (wie z.B. die Vojta-Therapie, das „Gefesseltsein am Krankenbett“) und familiäre Gewalt (z.B. nachts aus dem Bett gerissen werden) häufig wie eine „Vergewaltigung“ verarbeitet wurden. Die Betroffenen haben einen massiven Eingriff in ihren Körper und ihre Psyche erlebt. Genau kennen die Forscher die Zusammenhänge zwischen (frühem) schwerem Trauma und Fibromyalgie noch nicht. Doch die Erzählungen der Betroffenen und die Art der Symptome lassen auf Zusammenhänge zwischen Trauma und Fibromyalgie schließen.

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Linktipp:

Der Psychiater Bessel van der Kolk spricht im Interview mit Rangan Chatterjee in diesem Youtube-Video ausführlich über Fibromyalgie und Trauma: The 7 surprising ways to heal trauma without medication. Youtube, 15.2.2023

Literatur:

Maria Antonietta Nettis et al. (2019):
Early-Life Adversity, Systemic Inflammation
and Comorbid Physical and Psychiatric Illnesses of Adult Life.
Neuroinflammation and Schizophrenia pp 207–225
https://link.springer.com/chapter/10.1007/7854_2019_89

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