Affekte: Synchronisationsverweigerung ruft Unwohlsein hervor

Uns geht es gut, wenn wir mit dem anderen affektiv gut abgestimmt sind – selbst wenn beide Partner negative Affekte äußern, können sie sich gegenseitig verstehen und es geht ihnen insgesamt betrachtet „gut“. „Schlecht“ geht es Menschen, wenn keine Synchronisation der Affekte (keine Affektabstimmung) stattfindet, also wenn z.B. einer lächelt und der andere nicht zurück lächelt. Gesunde Menschen wünschen sich, eine „gute, zärtliche, fürsorgliche, freundschaftliche Beziehungen zu den Mitmenschen herzustellen“ (www.uni-saarland.de/fak5/krause/klaus/T.htm#Das Affektsystem). Sie wollen dabei eigenständig bleiben. Gegebenenfalls kommen sexuelle Wünsche hinzu. (Quelle: Beiträge auf der Website der Uni Saarland; leider ist der Autor dort nicht eindeutig ersichtlich.)

Blickkontakt mit Lächeln und Vokalisierung (Sprechen) auf beiden Seiten ruft wohlige Gefühle hervor. Wenn ein Zuhörer lächelt, ohne aufzublicken, handelt es sich häufig um Scham (http://www.uni-saarland.de/fak5/krause/klaus/Lernpro5.htm). Wechselseitiger Blickkontakt ohne vorausgehendes oder beibehaltenes Lächeln spricht unter Umständen für Aggression.

Anstarren

Wir kennen die Begegnung mit Menschen, die uns viel zu nahe kommen, die uns lange anstarren und uns irritieren. Bei psychisch kranken Menschen sind einzelne Affekte zwar da, aber die Synchronisation mit dem Anderen ist verändert. Schizophrene Patienten blicken unter Umständen einen anderen lange ohne jegliche Mimik an, obwohl der andere keinen Blickkontakt sucht. Intensität und zeitlicher Verlauf der Bewegungsabläufe lassen auf die Beziehungsqualität zwischen zwei Menschen schließen. Wenn wir kommunizieren, gehen wir davon aus, dass der andere die Regeln von Mimik und Gestik, Blickkontakt, Affektsteuerung, zeitliche Abläufe etc. kennt. Wenn er aber deutlich anders reagiert, als wir es kennen, merken wir: Da stimmt etwas nicht.

Eine „Synchronisationsverweigerung“ ruft extrem negative Affekte in uns hervor. Gesunde Kommunikationspartner fühlen sich dabei sogar schlechter als schizophrene Patienten. Der schizophrene Patient ist auf das Verhalten des Gesunden angewiesen. Der Gesunde reagiert auf die „Bewegungslosigkeit“ des Schizophrenen unter Umständen mit mehr Engagement und intensiviert seine Bemühungen, beim anderen Affekte hervorzurufen. Aber: „Der Versuch des gesunden Partners, das Involvement zu steigern, wird vom schizophrenen Patienten als Verachtung seiner Person ausgelegt.“ (http://www.uni-saarland.de/fak5/krause/klaus/Anwen5.htm: Vier Varianten des Verhaltens der Gesunden. Uni Saarland)

Literatur:

Krause, Rainer (1998):
Allgemeine Psychoanalytische Krankheitslehre
Band 1: „Die Therapeutische Beziehung“

de Rivera, Joseph (1977):
A structural theory of the emotions
Psychological Issues, 10(4, Mono 40), 178
https://psycnet.apa.org/record/1980-09680-001

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 23.4.2017
Aktualisiert am 1.7.2023

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