Eine kurze Geschichte der Erschöpfung

Ich fühle mich von allen Seiten eingeengt. Im Hamsterrad. „Gönn‘ Dir mal was“, heißt es. „Geh mal wieder raus“, „Tu dir was Gutes.“ Ja, aber! Warum hilft es mir denn nicht? Warum habe ich das Gefühl, es gibt keinen Ausweg, keinen Ausgang, keine Lösung? Warum erscheint Entspannung so unmöglich? Ist es wirklich die Lage, die mich zermürbt, bewegungsunfähig und müde macht? Kann ich meditieren, wenn um mich herum das Chaos herrscht, wenn ich Dinge tun, erledigen, wegschaffen muss?
Ich habe das Gefühl, ich kann nicht mehr aufstehen, keinen Schritt mehr tun, selbst der nächste Atemzug ist mir zu angst-rennend anstrengend. Selbst der kühnste Traum verschafft mir keine Erleichterung. Was ist das bloß? Mein Herz rennt. Bin ich krank? Yoga, ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung – all das für die Katz? Warum wirkt es nicht? Ich warte doch schon so lange.
„Denn Erschöpfung – ich sage es nochmal – ist kein Beweis von Leistungsunfähigkeit sondern ein lautes Zeichen, dass wir gegen unser eigenes Wesen leben.“ (Julia Culen: Erschöpft statt erfüllt)
Und auf einmal kommt ein leiser Atemhauch, durch einen Spalt ein Lichtschein. Ich kann ihn spüren, hören, sehen, riechen. Ich erfasse ihn mit meinem Blick, mit meinen Sinnen. Jemand hat das Richtige für mich gesagt und getan. Ich habe eine wohltuende Körperhaltung gefunden, eine kleine Melodie gehört, Landluft gerochen und plötzlich festgestellt: Die Qual ist weg. Ich kann mich wieder bewegen. Es war nicht umsonst. Manchmal spürt man die Ernte erst spät.
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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 15.3.2017
Aktualisiert am 22.5.2023