„Ich habe die Hölle erlebt“, sagt ein Mann mit einer Nahtoderfahrung. „Überall waren Flammen und viele Dämonen kamen auf mich zu, um mir wehzutun.“ Der Sterbeforscher und Neuropsychiater Peter Fenwick bringt dieses Beispiel in seinem Video „What really happens when you die“. Im Nachhinein konnte dieser Mann sagen, dass sein Erlebnis mit realen Erlebnissen zu tun hatte: Er lag auf der Intensivstation und das Heizkissen wurde zu heiß. Dann kamen Krankenschwestern, gaben ihm Spritzen und taten ihm weh.
Die Bilder, die in ihm entstanden, sind ähnlich wie die Bilder, die uns in unseren Träumen entstehen, wenn wir Körperwahrnehmungen haben: Ist die Blase voll, ist es, als stiegen wir mit unserer Psyche, unserer Tiefenwahrnehmung in die Mitte der Blase. Wir träumen, dass von überall Wasser kommt und dass wir ertrinken.
Über das Sterben lernen
Peter Fenwick erklärt, dass unser Bild vom Sterben heute sehr geprägt ist von unserer Sterbekultur. Viele sterben qualvoll auf Intensivstationen und entwickeln mitunter „Intensivstations-Psychosen“. Die Untersuchungen, die er jedoch in Hospizen durchführte, ergaben ein anderes Bild: Die Menschen, die sich dort in Ruhe ihrem Sterbeprozess hingeben konnten, erlebten häufig tiefe Freude.
Ob die Erlebnisse von Sterbenden einfach Halluzinationen sein könnten?, fragt der Interviewer. Peter Fenwick erklärt, dass diese Frage nicht weiterhelfe. Halluzinationen seien Wahrnehmungen, die nur eine Person hat und kein anderer. Bei Sterbeprozessen könnten jedoch auch Außenstehende Einiges beobachten. Er erzählt, dass Pflegende und Angehörige in Hospizen nicht selten ein Licht sehen oder Formen. Es bleiben manchmal Uhren stehen oder es setzen sich Vögel auf die Fensterbank. Manchmal entsteht auch der Eindruck von Rauch.
Typisch seien auch „Besuche“ von Verstorbenen, die sich beim Sterbenden auf die Bettkante setzen würden. Manchmal würden Personen auf der Bettkante von Angehörigen gesehen, insbesondere von Kindern. Auch können die Sterbenden andere Angehörigen besuchen und sie über das Sterben benachrichtigen.
Wie sicher ist das alles?
Peter Fenwick ist ein bescheidener Mann. Er stellt nichts so dar, als sei es das Amen im Gebet. Andere Forscher würden anderes herausfinden. Auch die Kultur spiele eine Rolle. Das Erlebnis von Wandern durch einen Tunnel, an dessen Ende ein Licht steht, sei ein Erlebnis, dass vor allem Menschen in westlichen Kulturen hätten. In Japan würden Sterbende eher an einen Fluss gelangen, den sie überqueren müssen.
Es sei wichtig, dass wir über das Sterben nachdenken und darüber lernen, so Peter Fenwick. Er erwähnt die wertvollen Arbeiten der Schweizer Sterbeforscherin Monika Renz.
Wer wirklich Angst vor dem Sterben hat, den wird das alles möglicherweise nicht beruhigen können. Viele wünschen sich, dass nach dem Leben wirklich „Schluss“ ist, nicht wenige haben Angst vor dem „Ewigen Leben“ bzw. der Ewigkeit (Apeirophobie).
Die Baby- und Kinderzeit begleitet uns bis in den Tod
Wie wir sterben, hat wahrscheinlich auch mit den Erfahrungen am Anfang unseres Lebens zu tun – ob wir als Baby die Hölle erlebten, oder wir uns überwiegend wohl fühlten, könnte aus meiner Sicht sehr entscheidend für das Sterbe-Erleben sein. Daher ist es so wichtig, dass wir lernen, vertrauensvolle und intime Beziehungen einzugehen und zu leben. Menschen, die von ihren Eltern Gewalt erfuhren, haben oft die Vorstellung, dass die nächsten Beziehungen oft die quälendsten sind. Daher sind Themen wie „Vertrauen“ und „Loslassen“ extrem schwierig für sie. Sie überlebten, indem sie sich wehrten.
Aus meiner Sicht kann die Psychoanalyse hier jedoch vieles grundlegend verändern und somit eine ganz besonders gute Vorbereitung für das Sterben sein. Durch die Psychoanalyse kann man fähig werden, wirklich befriedigende Beziehungen einzugehen und ein deutlich weniger einsames Leben zu führen. Diese neuen Beziehungserfahrungen erleichtern auch den Gedanken an das Sterben.
Video:
What really happens when you die.
End-of-Life-Phenomena
An Interview with Peter Fenwick
https://youtu.be/78SkTuk8Zd4
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