
Wenn wir psychisch mehr aufgeladen bekommen, als wir verarbeiten können, reagieren wir manchmal mit einem Gefühl der Betäubung. „Alles ist mir egal“, denken wir. Wenn wir eine schlimme Nachricht erhalten, sagen wir uns vielleicht erstmal: „Ich werde das gut überleben.“ Wenn uns der Partner verlässt, hören wir vielleicht auf einmal, wie schön die Vögel singen. Wir funktionieren wie automatisch und haben scheinbar keine Emotion. „Das muss ich jetzt mit Vorsicht genießen – da kommt noch was“, denken wir und merken dann, wie die Wut anrollt. Sobald die „Betäubung“ aufhört, kommt es häufig zu überwältigenden Gefühlen und überschießenden Reaktionen.
Was kann ich dagegen tun?
Ob man etwas gegen diesen Mechanismus tun kann, ist die Frage. Der Psychoanalytiker Robert Langs (1928-2014) beschreibt dies als einen zu erwartenden Ablauf: Das emotionale System schaltet sozusagen ab und meldet sich später mit einem „Rebound“ wieder:
„The patient’s output may be directd to a … shut-down of derivative expressions with a later rebound, as a rule, into strong derivative expression.“ Science, Systems and Psychoanalysis, Karnac Books 1992, S. 167
Wenn wir über diesen Ablauf Bescheid wissen, dann können wir sorgsam darauf achten, was passiert, wenn dieser gleichgültige Zustand eintritt. Sich gut kennenzulernen und zu beobachten, ist vielleicht das Einzige, was einem übrig bleibt, aber das kann eine ganze Menge sein. Vielleicht spüren wir dann unseren Schmerz hin ter der Betäubung früher und können dann versuchen, ihn etwas besser zu „halten“.
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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 12.5.2018
Aktualisiert am 22.3.2022
Andrea Bredenbröker meint
Ich werde selten richtig wütend u. bin mir meiner Wirkung auf andere bewusst. Seitdem ich das so klar habe, beherrsche ich mich😉.