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Aktuelle Seite: Startseite / Begriffe / Warum wir provozieren

Warum wir provozieren

11.04.2022 von Dunja Voos 3 Kommentare

Das Kind streckt der Mutter die Zunge raus – und kassiert Schläge. Der junge Mann wird von seiner Freundin verlassen und verspürt den Drang, sich auf der Straße vor anderen Frauen auszuziehen. „Du kannst mich mal am Arsch lecken“, sagen wir. Provokation hat etwas mit „Nacktmachen“ zu tun. Wir strecken uns dem anderen provokativ entgegen. Der Wunsch, andere zu provozieren, ensteht dann, wenn wir stark unterdrückt wurden und starke Ohnmachtsgefühle verspüren.

Wir können dem Henker noch wenigstens die Zunge rausstrecken, auch wenn wir sonst nichts mehr tun können. Wir provozieren auch, wenn wir unglaubliche Angst haben.

Provokation entsteht ab einem bestimmten Punkt

Bevor wir provozieren, laufen meistens viele innere Prozesse ab. Es geht sozusagen lange „bergab“ mit uns, wir fühlen uns schlecht, wir spüren Schmerz und Ohnmacht. Und ab einem gewissen Punkt schlägt es um: Wir spüren rasende Wut, unglaubliche Kraft, alles ist uns egal. Wir wollen Rache, wir wollen den anderen anspritzen, verletzen, beschimpfen, bekotzen. Und wir schauen nur auf den Moment. Es ist uns egal, was danach passiert. Wir können es uns ausrechnen, wir „wollen es ja so haben“. Und wir genießen masochistisch den Gedanken, dass wir bestraft werden.

Lust mischt sich ein – die Lust am Machtgefühl. Das Schlimme an der Provokation ist die Lust dabei, die uns nicht mehr aufhält. Wenn wir merken, wir können provozieren, haben wir ein Gefühl von Macht. Es kommt etwas ins Rollen. Was aus Hilflosigkeit entstand, gibt uns ein Hochgefühl. Gleichzeitig werden wir immer unzufriedener und wütender darüber, dass befriedigende Kommunikation für uns immer weniger erreichbar scheint.

Je weiter wir von unserem „wahren Kern“ entfernt sind, je weniger wir kommunizieren, wer wir „wirklich“ sind, desto mehr neigen wir zur Provokation. Provokation ist wie eine Sucht danach, sich zu treffen. Die Ursache der Sucht liegt darin, dass man sich nicht auf der „wahren Ebene“ mit dem anderen treffen kann. Mehr dazu im Blogbeitrag: „Zeig Dich!“

Manchmal provozieren wir bewusst, manchmal unbewusst

„Provokare“ heißt „hervorrufen“. Wir rufen etwas hervor, können durch Provokation zunächst steuern. Doch dann kommt es auch hier zu einem Punkt, an dem es umschlägt: Die Geister, die wir riefen, werden wir nicht mehr los. Die Provokation hat nun doch Folgen, die wir nicht mehr kontrollieren können und die uns unglaublich schmerzen. Wir schwören uns, es nie wieder zu tun. Es kehrt für eine Weile Ruhe ein. Doch dann entsteht eine neue ungerechte Situation, jemand fügt uns einen Schmerz zu. Wir fühlen uns „bergab“ und dann kommen wir wieder an den Punkt, an dem wir den anderen provozieren.

Jemanden zu provozieren heißt auch, jemanden zu zwingen.

Wir können auch das Leben provozieren

Wir können auch „das Leben“ provozieren: Die Umwelt so kaputt machen, dass wir daran ersticken oder so viel Geld ausgeben, dass wir pleite gehen. Am Ende steht der Schaden gegen uns selbst. Provokation kann eine Form der Selbstverletzung sein – nach dem Motto: Wenn ich nicht „fähig“ bin zum Selbstmord, dann bringe ich eben den Polizisten dazu, mich zu erschießen. Dann habe ich obendrein die Genugtuung, dass sich der Polizist schuldig fühlt. Ich bin Opfer, der andere ist Täter. Dabei war ich selbst anfangs der Täter. Ich wurde zum Täter, weil ich vorher Opfer war.

Provokation macht aufmerksam – mit positiven und negativen Folgen. Provozieren heißt Abstoßen und Anziehen zugleich.

Wie kann das aufhören?

Bevor wir die Frage nach dem Aufhören beantworten können, müssen wir schauen, wie „es“ entstanden ist. Wir haben viele unbearbeitete Dinge in uns, die wir nicht bearbeiten können oder bisher nicht bearbeiten konnten. Je schwerer und früher ein Trauma und je größer die Ohnmacht, desto unmöglicher ist es uns, Worte zu finden. Wir wollen uns aber erinnern, wir wollen es irgendwie in Worte fassen und wir wollen zeigen, was da los war und wie es uns ging. Wir wollen zeigen, wie verlassen wir uns fühlten. Und dann „inszenieren“ wir etwas: Das, wofür wir keine Worte finden können, stellen wir dar.

Wir provozieren besonders dann, wenn wir uns in Sicherheit wiegen. Es ist leicht, aus einem schusssicheren Häuschen zu schießen. Doch diese Sicherheit ist trügerisch. Es kommen häufig Angriffe zurück, die stärker sind als wir.

Inszenierung

Wir „bauen“ uns quasi die Umgebung und die Mitmenschen so, dass wir wieder eine Situation haben wie die ursprüngliche, die uns so weh tat. Je weniger wir davon erkennen, desto mehr müssen wir außen umbauen, desto mehr müssen wir die anderen reizen. Und zack, haben wir wieder eine Situation, die wir gefühlsmäßig so unglaublich gut kennen. Wir richten Schaden an und lassen uns beschädigen.

Selbstbeschädigung kann auch eine Form der Selbstbetäubung sein. Die Selbstkasteiung ruft Gefühle der Befreiung von Schuld und Reinigung hervor. Vor lauter Schmerzen spüren wir uns selbst nicht mehr.

Wir zeigen in der Provokation, welch ein Schaden uns selbst einst zugefügt wurde, aber niemand versteht es. Provokation ist immer auch Verwirrung und Ablenkung. Situationen, in denen wir provozieren, sind hoch komplex, schwer zu verstehen und schwer aufzudröseln. Und doch versuchen wir immer wieder, etwas sichtbar zu machen, was uns einst sehr weh getan hat.

Erkennen und ertragen

Der Kreislauf unglücklicher Provokation kann nur aufhören, indem wir immer wieder etwas erkennen und indem wir uns immer besser kennenlernen. Sobald wir uns kennenlernen, spüren wir auch, wann Schmerz aufkommt. Wir können uns erinnern, woher diese Schmerzen ursprünglich kamen. Wir können etwas einordnen, sobald wir es verstanden haben. Die Versuchung ist dann immer noch sehr groß, im Schmerz zu provozieren. Aber wenn wir diese Zusammenhänge sehen und wenn wir wissen, wie groß der Schmerz ist, den wir selbst durch Provokation erleiden, dann können wir vielleicht langsam davon Abstand nehmen.

Provokation kann uns enorm schaden. Aber auch nutzen, wenn wir verstehen wollen, was da passiert.

Wir können lernen, den Schmerz zu halten (containen) und „nichts“ mit ihm zu machen

Wenn wir psychische Schmerzen haben, können wir uns bewegen oder musizieren oder singen. Statt zu schreien können wir „tönen“ und so den Schmerz kanalisieren. Es gibt viele Möglichkeiten, wir können viel flexibler werden mit der Zeit. Aber häufig nicht alleine. Wir brauchen andere Menschen, die mit uns verstehen wollen. Wenn das Provozieren im Leben so stark ist, dass man immer wieder darunter stark leidet, kann vielleicht eine Psychoanalyse am besten helfen, die Zusammenhänge aufzudecken. Ob man „die Kurve kriegt“, bleibt lange unklar. Wichtig ist das beständige Bewusstmachen, Beobachten, Spüren, Kraft sammeln und Wollen.

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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 29.1.2017
Aktualisiert am 11.4.2022

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Kategorie: Begriffe, Lebenshilfe, Psychoanalyse Stichworte: Lebenshilfe, Psychoanalyse, Trauma

Leser-Interaktionen

Kommentare

  1. Dunja Voos meint

    11.04.2022 um 15:55

    Ganz herzlichen Dank für Ihren Kommentar, liebe Frau Menzler! Darüber freue ich mich sehr.

  2. Karin M. meint

    11.04.2022 um 11:58

    Sehr gut offen gelegt. Die inneren Prozesse sind bemerkenswert genau und nachvollziehbar beschrieben. Ich hoffe, viele Menschen lesen dies und lernen dazu.

  3. Martin H meint

    23.01.2021 um 19:10

    Der Text fasziniert mich, wenngleich ich ihn nicht sofort verstehe.
    Aber, man spürt, da redet jemand mit sehr viel Einblick.
    Meine Freundin sagt gerne Ausdrücke, ich bitte sie, damit aufzuhören,
    doch sie macht weiter und beruft sich auf ihre Freiheit, tun zu
    dürfen, was sie will. Mich verletzt das.

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