
Wenn’s da draußen ruhig wird und still, wenn die anderen ausgeglichen und mir wohlgesonnen sind, dann wird es verdammt schwierig für mich. Und sehr gefährlich. Dann brauen sich die Wolken in mir zusammen. Die Luft lädt sich auf. Die Haut rebelliert. Die Wut überfällt mich und drängt mich, alles Gute um mich herum zu zerstören, die Ruhe kaputtzumachen. Die Unlust wächst, schlechte Laune steigert sich bis ins Unermessliche. Schlaflosigkeit jede Nacht. Ich wünschte, da draußen wär‘ Krieg. Alle paar Minuten eine Bombe. Dann müsste ich den Hagel in mir nicht mehr fürchten. Die unaussprechlichen Gefühle – sie kommen aus der Vergangenheit. Der Krieg in mir – er macht sich breit, sobald es ruhig wird draußen.
Und ich verstehe, wie Kriege entstehen: Sie entstehen, wenn man vor dem Krieg im Inneren wegläuft. Bisher bin ich immer weggerannt. Nun halte ich den Bombenhagel aus. In der Hoffnung, dass er sich irgendwann beruhigt, wenn ich nicht mehr weglaufe. Vielleicht klappt es – in 50, 60 Jahren.
Kommentar:
Wer Gewalt erlebt hat, der hat sie in sich aufgenommen. Die Wut auf die anderen, denen es gut geht, ist da. Erinnerungen an Lärm, Geschrei, an Schmerz, Angst, Übelkeit, Mangel, Einsamkeit, Leere und Ungerechtigkeit bleiben. Nicht in Worte zu fassende Gefühle aus dem vorsprachlichen Bereich tauchen immer wieder auf. Unruhe, die außen ist, kann die Betroffenen beruhigen. Solange man im Streit verheddert ist, spürt man die inneren Kriegszustände vielleicht etwas weniger. Für die Betroffenen ist es mitunter eine hohe Kunst, äußere Ruhe, Zufriedenheit bei anderen, ja vielleicht sogar bei sich selbst, und Freundlichkeit gegen sich selbst auszuhalten.
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