
In jeder Beziehung erleben wir „Übertragungen“: „Du behandelst mich schon genauso, wie meine Mutter mich immer behandelt hat“, sagen wir und sehen dann im anderen unsere eigene Mutter. In der Psychoanalyse passiert so etwas besonders oft und intensiv. Der Patient fühlt sich beim Analytiker so, wie er sich bei Mutter, Vater, Opa, Oma usw. gefühlt hat. Hier findet die Übertragung direkt vom Patienten auf den Analytiker statt, innerhalb des Behandlungsraumes, innerhalb der psychoanalytischen Beziehung. Es ist eine „Innen-Übertragung“. Wenn der Analytiker diese Beziehung zwischen ihm und dem Patienten untersucht, spricht man von einer „Innen-Übertragungsanalyse“.
„Da draußen erlebe ich dasselbe wie hier!“
Es kann sein, dass der Patient sich in der letzten Stunde vom Analytiker gekränkt fühlte, sich das aber nicht zu sagen traut. Dann beginnt er, von Kränkungen zu erzählen, die er außerhalb der Analyse erlebt: „Mein Chef hat mich heute unglaublich gekränkt“, sagt der Patient, will damit aber auch einen Hinweis auf seine Gefühle zum Analytiker geben.
Der Analytiker erkennt diese Übertragung im Außen und bezieht sie auf die Situation in der Analyse: „Vielleicht fühlten Sie sich ja in der letzten Stunde von mir gekränkt“, sagt er. Das ist eine Innen-Übertragungsdeutung bzw. Innen-Übertragungsanalyse: Das Erleben war zwar außen, hat aber starken Bezug zum Erleben innen.
Nicht alles, was draußen ist, ist auch innen
Der Patient braucht das Feingefühl des Analytikers. Nicht alles, was der Patient über seine Erfahrungen „draußen“ erzählt, muss mit der Beziehung zum Analytiker zusammenhängen.
Außenübertragung = Erlebnisse, die der Patient mit seinen Bezugspersonen in der Außenwelt (z.B. Arbeitskollegen, Freunde) hat, hängen eng mit den Vorstellungen zusammen, die er sich über seine Bezugspersonen macht. Auch in der Außenwelt „überträgt“ der Patient seine Vorstellungen auf seine Bezugspersonen, z.B. wird der Chef möglicherweise als Vater erlebt.
Analytiker und Patient können oft beide spüren, wenn die Erzählung kein Gleichnis sein soll. Der Analytiker kann dann die Konflikte „da draußen“ analysieren und der Patient darf die Schwierigkeiten „da draußen“ durchleben. In der „Außen-Übertragungsanalyse“ werden dann die Konflikte und Gefühle besprochen, die der Patient „draußen“ mit anderen Menschen erlebt.
Die Bezeichnung „Innen“ richtet sich also auf die Beziehung zwischen Analytiker und Patient innerhalb der Analyse.
Verwandte Artikel in diesem Blog:
- Spiegelübertragung
- Übertragung und Gegenübertragung
- Übertragungsbeziehung und Realbeziehung – wie lassen sie sich unterscheiden?
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 9.2.2018
Aktualisiert am 28.2.2021
Schreibe einen Kommentar