
Wenn Menschen mit einer Schizophrenie Bilder zeichnen oder malen, finden sich immer wieder ähnliche Elemente. Oft malen sie z.B. Spiralen. Ich habe einmal ein gesundes Kind gebeten, eine Spirale zu malen (rechts): Hier sieht man Bewegung und Entwicklung: Es zeigt sich ein Weg hin zur Schrift, ein Weg nach draußen. Psychotische Patienten malen oft Spiralen in einer Ebene (links) – Spiralen, die „einer Schnecke ähneln“, wie das Kind es beschreibt.
In der Psychose dreht sich immer alles um Dasselbe und es gibt scheinbar keine Weiterentwicklung. In Comics werden die Augen von Hypnotisierten manchmal mit einer Spirale dargestellt. Der Psychotiker dreht sich immer um die Mutter oder um dieselben Gedanken. Er ist wie hypnotisiert vom anderen. Er verliert sich.
Verfolgt von Blicken
„Sie malen ständig so viele Augen“, sagt die Ergotherapeutin, als sie mir Bilder von Psychotikern zeigt. Menschen mit einer Psychose fühlen sich oft von Blicken verfolgt. Vielleicht konnte die Mutter schon in der Säuglingszeit nicht ertragen, wenn das Baby zur Erholung seinen Blick abwendete, wie es Säuglinge oft tun. Gesunde Mütter verstehen dieses Signal nach „Pause“ richtig und lassen ihr Kind instinktiv in Ruhe, während psychisch zerbrechliche Mütter im abgewendeten Blick eine Abweisung sehen und das Baby mit ihren Blicken verfolgen.
Auch in der Pubertät wurde der oder die Betroffene vielleicht besonders häufig von Blicken des Vaters verfolgt. Missbrauchte Kinder haben sehr oft das Gefühl, von Blicken verfolgt zu werden.
In den Gemälden psychotischer Menschen verschwimmen die Grenzen und es findet sich „Zerrissenes“. Die vielen „Fransen“ in den Bildern erinnern manchmal an die Haare der Mutter. Oft malen die Betroffenen auch ein Gesicht, in dem zwei Gesichter enthalten sind. Das Symmetrische spielt häufig eine Rolle. Immer wieder bringen Menschen mit Psychosen die fehlende Trennung zur Mutter zu Papier. Sie zeigen, dass die Mutter sie möglicherweise nicht richtig „spiegeln“ konnte.
Jesus und das Kreuz
„Meine Mutter ist für mich Gott“, sagen Menschen mit Psychosen manchmal. Ebenso sagen sie: „Ich bin Gott“ – was darauf hindeuten mag, dass sie die Mutter – den Gott – in sich tragen. Abgrenzung bedeutet immer auch Aggression. Hier haben Menschen mit Schizophrenien oft Schwierigkeiten. Sie wollen das Aggressive vermeiden, um keine Trennung hervorzurufen. Doch ein Weg bleibt ihnen: Sie malen Jesus am Kreuz. Hier hat die Aggression (Festnageln der Hände und Füße ans Kreuz) etwas „Heiliges“, etwas „Unschuldiges“.
Der Verfolgungswahn symbolisiert die fehlende Trennung zum anderen. Die Mutter/der Verfolger ist schon im Betroffenen drin – es gibt kein Entrinnen. Die Verschmelzung mit dem anderen spiegelt sich in fließenden Farbübergängen wieder. Auch wird der eigene Körper oft eher flüssig wahrgenommen denn fest. Die schmilzenden Formen in Dalis Gemälde „Die Beständigkeit der Erinnerung“ (blog.singulart.com) finden sich auch bei Menschen mit Psychosen oft wieder.
„Flüssig ist psychotisch, fest ist gesund“, hörte ich einmal. Ein wenig davon zeigt sich schon bei nicht psychotischen Menschen: „Wenn ich eine Panikattacke bekomme, wird in meinem Darm alles flüssig und ich bekomme sofort Durchfall.“
Ein weiteres Motiv psychotischer Patienten ist der Mutterleib. Viele Gemälde erinnern an den Uterus und an den Mutterkuchen mit seinen vielen verästelten Blutgefäßen. Wenn ich Menschen mit Psychosen zuhöre, kommt es mir manchmal vor, als hätten sie so etwas wie eine genaue Erinnerung an ihre vorgeburtliche Zeit. Es ist auf jeden Fall immer hochinteressant.
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