
Bei der Phobie ist es ganz einfach: Der zugehörige bewusste Affekt ist die Angst. Auch bei der Zwangsstörung ist das Problem die Angst, die jedoch nur dann bewusst wahrgenommen wird, wenn der Zwang nicht ausgeführt werden kann. Viele spüren nur eine vage Unruhe oder ein unbestimmtes Schuldgefühl. Wichtig finde ich jedoch den Affekt des „Drangs“. Im Zwangszustand ist es mitunter so, als hörte man eine Tonleiter, die auf dem 7. Ton endet. Der 8. Ton, den man sehnlichst erwartet, kommt einfach nicht. Es erinnert an einen Sexualakt, bei dem der Orgasmus ausbleibt.
Der Zwangskranke „will es fertig bekommen“, er will den Durchbruch erlangen, er möchte etwas aus-drücken und er möchte endgültig befreit und erleichtert sein, Doch am Ende des Zwangs bleibt immer der Zweifel.
„Wenn ich nur das und das erkenne, dann ist das der Durchbruch zur Erleichterung, ja zur Erlösung“, lautet die unbewusste Vorstellung des Zwangskranken vielleicht. Der Drang nach Erlösung steht ganz oben.
Der Zwang ist ein Gefühl wie kurz vor dem Ziel zu stehen. Aber es kann oder darf nicht wirklich erreicht werden. Der „Orgasmus“ ist sozusagen verboten.
Der bewusste Haupt-Affekt der #Zwangsstörung ist der quälende #Drang, der keine Erlösung findet.
Sigmund Freud: „Letzterer (Anm.: Der Affekt) ist bei den Phobien stets der nämliche, der der Angst ; bei den echten Obsessionen kann er mannigfaltiger Natur sein (Vorwurf, Schuldgefühl, Zweifel etc.). Der Affektzustand erscheint als das Wesentliche der Obsession, da er im einzelnen Falle unverändert bleibt, während die angehängte Vorstellung gewechselt wird. Die psychische Analyse zeigt, daß der Affekt der Obsession jedesmal gerechtfertigt ist, daß aber die ihm anhängende Idee eine Substitution darstellt für eine zum Affekt besser passende Vorstellung aus dem Sexualleben, welche der Verdrängung verfallen ist.“ Freud, Gesammelte Werke, Band I, 1895, Obsessions et phobies. Leur mécanisme psychique et leur étiologie.
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