Ich erinnere mich genau, wie aufgelöst und aufgeregt ich in einer Stunde einmal war. Ich war außer mir, voller Angst. Dann aber wurde ich erinnert an eine frühe Vertraute, bei der ich mich als Kind sehr wohl fühlte. Sofort spürte ich wieder dieses Gute und ich wurde von jetzt auf gleich ruhig. „Prima“, könnte man denken, „dann hast Du ja jetzt ein wunderbares ‚Instrument‘, mit dem Du Dich auch das nächste Mal beruhigen kannst.“ – „Am besten, Du schreibst Dir das auf“, höre ich Therapeuten manchmal sagen.
Wenn ich das nächste Mal in diesem Zustand bin, sagt der Therapeut vielleicht: „Und jetzt denken Sie mal an Ihre Vertraute.“ Und dann passiert vielleicht etwas höchst Beunruhigendes: Der Zauber vom letzten Mal ist weg. Der Gedanke an die Vertraute beruhigt diesmal ganz und gar nicht. Warum? Weil wir diesmal – obwohl der neue unruhige Zustand dem ersten Zustand ähnelt – ein ganz anderer ist.
Noch beunruhigender ist es dann vielleicht, wenn der Therapeut an die alte Hilfe erinnert und man merkt: Das ist jetzt nicht mehr hilfreich. Dann hat man gleichzeitig auch noch das Gefühl, den Therapeuten als Verstehenden verloren zu haben. Daher ist es gut, wenn der Therapeut da sehr vorsichtig ist und nicht allzu leicht auf etwas Altbekanntes zurückgreift, das einmal half.
Viel wichtiger ist es, zu schauen: „Welche Bilder kommen mir jetzt? Was ist jetzt der Grund der Beunruhigung?“ Und dann fällt einem vielleicht etwas Neues ein, was genau jetzt hilft. Es ist ähnlich wie beim Körper: Wir kennen das Hungergefühl. Das ist jedes Mal sehr ähnlich. Und doch braucht der Körper mal Salziges, mal Süßes, mal Herzhaftes. Das, was das letzte Mal unseren Mangel aufhob, muss dieses Mal längst nicht das Richtige sein.
Daher ist es wichtig, offen zu bleiben und nicht gleich verkrampft nach Beruhigung zu suchen. Manchmal sind und bleiben wir eben eine ganze Weile lang hilflos. Da durchzugehen ist oft besser, als eine „Hilfe“ angeboten zu bekommen, die uns diesmal einfach gar nicht weiter hilft.
Wenn wir jedoch das Unangenehme versuchen auszuhalten, wenn wir uns damit auseinandersetzen oder wenn wir uns davon übermannen lassen müssen, dann kommt vielleicht auf einmal etwas ganz Neues Hilfreiches daher. Am hilfreichsten in der Therapie sind aus meiner Sicht immer die ganz überraschenden Dinge. Das, was uns hilft, setzt sich eben aus vielen Möglichkeiten zusammen – auch, wenn wir oft länger danach suchen oder darauf warten müssen.
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