
Vielleicht dachten wir schon als junger Mensch: Bevor ich sterbe, will ich wissen, wie andere Eissorten schmecken – neben Vanille und Schokolade. Ich will nicht sterben, bevor ich nicht erlebt habe, wie es ist, meine Tage zu haben. Ich will erst sterben, wenn ich weiß, wie es ist, mit einem Mann zu schlafen. Erst sterben, wenn ich ein Kind geboren habe. Ich will erst sterben, wenn ich dieses und jenes geschafft, erlebt, erfahren habe.
Die Zeit wird knapp
Doch je älter wir werden, desto mehr Träume lassen sich nicht mehr verwirklichen. Wer kann mir sagen, ob ich dieses und jedes noch schaffen und erleben werde? Werde ich das Kind, das mich verlassen hat, jemals wiedersehen? Werde ich meine schwere Krankheit überstehen? Werde ich meine Bitterkeit jemals ablegen können? Was, wenn ich sterbe, bevor ich das, was ich will, erreicht habe?
Manchmal beneiden wir den schwer Kranken, der in Frieden leben kann.
Sich In-Frieden-Fühlen ist das Größte
Manchmal ist es wie mit der Einsamkeit: Eine einzige Bindung, eine einzige tiefgreifende Beziehung, kann bewirken, dass ich mich mit mir selbst und anderen wieder verbunden fühle. Eine einzige Bindung – auch die zu mir selbst – kann bewirken, dass ich mich getröstet fühle und der starke Wunsch von ehemals schwindet und unwichtiger wird.
Es gibt so ein Gefühl, das ist, wie wenn sich eine Lücke füllt. Es ist das „Alles-ist-gut-wie-es-ist-Gefühl“. Und ganz manchmal merke ich, dass ich die Nicht-Erfüllung nicht mehr bemerke. Manches muss man nicht „loslassen“. Es vergeht von selbst. Das Älterwerden hat viele Vorteile.
Eine faszinierende Geschichte um das Wettrennen mit der Zeit findet sich bei den Gravitationswellen-Forschern: Der Wissenschaftler Heinz Billing wollte leben, bis eine Gravitationswelle nachgewiesen werden konnte. 2015 war es so weit und 2017 starb er mit 103 Jahren. Allerdings vor der Verleihung des Novelpreises, aber ob das noch wichtig war?
„Der demenzkranke 85jährige Drever hatte das alles leider nicht mehr mitbekommen. Er ist inzwischen auch verstorben, sodass er nach den Nobelpreisstatuten nicht mehr berücksichtigt werden kann. Auch Heinz Billing, der Computerpionier, der in Deutschland in den 70er Jahren die Gravitationswellensuche vorangetrieben hat, ist derweil Anfang dieses Jahres (Anmerkung: 2017) verstorben. Er wollte nicht eher ins Grab, bevor die Wellen gefunden sind – und musste dafür fast 103 Jahre alt werden.“
Gravitationswellen und die „Rule of Three“ des Nobelpreises
10/2017, https://www.heise.de/newsticker/meldung/Gravitationswellen-und-die-Rule-of-Three-des-Nobelpreises-3848176.html
Siehe auch: Wie klingt der Urknall? Botschaften vom Anfang des Universums. https://www.arte.tv/de/videos/091177-000-A/wie-klingt-der-urknall/
Dieser Beitrag erschien erstmals am 21.7.2018
Aktualisiert am 18.1.2020
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