
Viele Frauen beschäftigen sich mit ihren Brüsten nur in der Stillzeit oder wenn sie die Brust nach Knoten abtasten. In Massagepraxen wird die Brust außen vor gelassen – zu groß ist die Angst vor einer möglichen Erregung oder vor Klagen. Doch eine Massage der Brüste ist nicht nur wohltuend, sondern auch gesund, weil der Lymphfluss angeregt wird. Dies könnte z.B. auch bei der Vorbeugung von Brustkrebs eine Rolle spielen. Die Brust ist reich an Nerven, Drüsengewebe und Lymphgefäßen. Eine Brustmassage kann möglicherweise sogar Auswirkungen auf die Verdauung haben – schließlich ist die weibliche Brust ein „nährendes“ Organ.
Was beim Stillen beobachtet wird, geschieht in abgeschwächter Form möglicherweise auch bei der Massage. Wird ein Baby gestillt, setzt gleichzeitig oft auch seine Verdauung ein. Doch auch im Körper der Mutter geschieht Verdauungs-Förderndes.
Nach zwei Minuten …
Schon zwei Minuten, nachdem das Baby mit dem Saugen angefangen hat, steigen im Blut der Mutter die Gastrin-Werte an, wie eine Studie von Ann-Marie Widström (Karolinska Hospital, Schweden) und Kollegen bereits 1988 herausfand. Gastrin ist ein Hormon, das unter anderem die Produktion der Magensäure steigert und den Dünndarm sowie die Gallenblase zur Bewegung anregt. Gastrin wirkt also verdauungsfördernd.
Mit der Brustmassage kann man auch die Gebärmutter erreichen – sie besteht aus glatter Muskulatur, die in enger Verbindung mit dem Darm steht. Viele Frauen haben eine stärkere Verdauungsaktivität kurz vor oder während der Periode. Mit der Stimulation der Brust lassen sich bei Schwangeren Wehen auslösen (Jhirad&Vago, 1973, ähnlich siehe Chua et al. 1994). Könnte die Brustmassage so nicht indirekt auch den Verdauungstrakt beeinflussen?
Somatostatin
Das Saugen des Babys beeinflusst auch die Somatostatin-Konzentration der Mutter, so die Widström-Studie. Ob Somatostatin in ihrem Blut ansteigt oder abfällt, hängt von der Somatostatin-Konzentration vor dem Stillen ab.
Somatostatin ist ein Hormon, das während der Verdauung vom Hypothalamus und der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet wird. Es hat sehr viele Wirkungen: Es hemmt z.B. Insulin, Cortisol, Gastrin, Schilddrüsenstimulierendes Hormon (TSH), die Magensäurenausschüttung sowie die Bewegung von Magen und Dünndarm. Außerdem senkt es den Blutdruck im Darm. Gastrin und Somatostatin arbeiten also eng zusammen, um ein ausgeklügeltes Gleichgewicht bei der Verdauung herzustellen.
Das Saugen eines Babys an der Brust ruft verschiedene Wirkungen hervor. Die Autoren um Ann-Marie Widström vermuten, dass durch das Saugen der Brust der Vagus-Nerv angeregt wird.
Und was hat das mit der Brustmassage zu tun?
Die Brust ist ein sensibles Organ – auch wenn eine Frau nicht stillt oder nie gestillt hat, „funktioniert“ sie. Manche Frauen berichten, dass sie in ruhigen Momenten beobachten, wie es während der Massage der Brust zu Verdauungsgeräuschen kommt.
Sie spüren, wie die Brüste irgendwie auch mit dem Verdauungssystem bzw. mit dem Nervus vagus in Verbindung stehen. Den eigenen Körper genauer kennenzulernen und Zusammenhänge wie diese zu entdecken, kann insgesamt zu einem besseren Wohlbefinden führen. Zusammenhänge zu finden zwischen Körperbereichen, die vorher unverbunden erschienen, fördert das Gefühl, „ein ganzer Mensch“ zu sein und kann auch dazu führen, dass man so manche unerklärlichen Beschwerden besser versteht.
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Links:
Eidelman Arthur I.
The appropriate use of breast massage.
Breastfeeding Medicine. November 2016, 11(9): 423-423.
https://doi.org/10.1089/bfm.2016.29029.aie
http://online.liebertpub.com/doi/abs/10.1089/bfm.2016.29029.aie?journalCode=bfm
Dieser Beitrag wurde erstmals verfasst am 6.12.2017
Aktualisiert am 25.1.2020
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