
„He’s going back to her, and I’m going back to …“, sang Amy Winehouse. Wenn man vom Partner verlassen wird, beginnt die Suche: Wohin kann man selbst gehen? „Zurück zu mir“, mag man sagen. Aber dazu muss man sich in sich selbst erst einmal wohlfühlen können. Das lernen wir im Idealfall langsam als Kind. Da erfahren wir: Der Vater geht zur Mutter, die beiden gehören zusammen, die Schlafzimmertür ist zu – das Kind bleibt draußen und findet zu sich selbst.
Die ödipale Phase gut überstehen
Das kleine Mädchen möchte den Vater, der Junge die Mutter erobern. Wenn die Eltern immer streiten, wenn die Beziehung unsicher ist, wenn sie zu eng ist oder wenn Vater und Mutter das Kind nicht beachten, dann können die Kinder die phallische Phase nicht gut bewältigen.
Wenn die Kinder dieses Dilemma psychisch nicht verarbeiten können, leiden sie noch als Erwachsene am sogenannten „Ödipuskomplex“ – sie verlieben sich ständig in Verheiratete, suchen sich viel ältere Partner und sind innerlich verheiratet mit der Mutter bzw. dem Vater.
Es gibt aber auch die umgekehrte Situation: Wenn ein Kind für Vater oder Mutter zum Partnerersatz wird, wenn es bei Vater oder Mutter keine sicheren Grenzen erlebt, wenn das Zuhause sexuell aufgeladen ist, dann sehnt sich das Mädchen/der Junge nach Abstand von Vater und Mutter und nach Ruhe.
Verschmutzte Atmosphäre
Viele 70er-Jahre-Kinder wurden in Zigarettenrauch groß. Es schwaberte aber oft auch etwas anderes durch’s Zimmer: eine sexuell aufgeladene Atmosphäre. Nicht wenige Mädchen leiden darunter, dass sie als Kind – ähnlich wie Zigarettenrauch – zu viel sexuelle Atmosphäre um sich herum hatten.
Sie sehnen sich dann nach einem sicheren inneren Raum. Sie fühlen sich möglicherweise löchrig und sind ständig damit beschäftigt, von innen die Löcher zu stopfen. Sie setzen einen Zaun um sich herum, damit die Sexualität draußen bleibt.
Sexuelle Bemerkungen im Dunst einer aufgeladenen Atmosphäre, zufällig eine Hand, die komisch berührt, merkwürdige Geräusche – kommt das häufiger vor, kann das für ein Mädchen schlimme Folgen haben. Verwirrung und Misstrauen machen sich breit. Das Mädchen sehnt sich nach Ruhe und einem sicheren Hafen. Wo kann es hingehen? Wo kann es seine eigene Sexualität unterbringen?
Der Vater ist der Beschützer
Der gesunde Vater ist der Beschützer. Er ist es, der die Grenzen aufrecht erhält – ein Leben lang. Ein Mädchen kann zum gesunden Vater laufen und sich sicher sein, dass es bei ihm nur Schutz erhält. Es kann auch erregt sein – beim gesunden Vater erfährt das Mädchen, dass nichts passieren wird. Das gibt dem Mädchen Freiheit im eigenen Körper.
Will das Mädchen den Vater „kess verführen“, weist der gesunde Vater das Mädchen in seine Schranken zurück. Das Mädchen kommt zur Ruhe.
Die Tochter eines gesunden Vaters weiß: Es kann einschlafen und beschützt sein vom Vater aber auch vor dem Vater. Dem Mädchen wird nichts geschehen. Der Vater hält das Böse von draußen fern, er kennt aber auch seine eigenen Grenzen und kann seine eigenen Triebe beherrschen. Die Luft im eigenen Zuhause ist rein und sicher. Wieviele Mädchen sehnen sich wohl nach so einer geschützten Atmospähre?
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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 17.12.2013
Aktualisiert am 24.10.2020
Dunja Voos meint
Liebe Frau Grimm, liebe Leserinnen,
ich habe in diesem Beitrag geschrieben, dass das kleine Mädchen Erregung verspüren kann. Es ist auch neugierig. Wer einmal zuschaut, wie kleine Mädchen auf ihren Vater zustürmen können oder wer sich daran erinnert, wie aufregend es sich angefühlt hat, von ihm durch die Luft geschleudert zu werden, kann kaum abstreiten, dass da manches Mal auch ein aufgeregter Kitzel mitschwingt.
Kleine Mädchen können recht forsch sein und wollen auch den Körper von Mutter und Vater erkunden. Nicht selten gibt es sexuell erregte Träume von Männern, getarnt als böse Wölfe oder Monster, die dem Kind zu nahe kommen. Neben der Angst ist da oft unverkennbar auch eine Erregung dabei, die das Kind genießt. Sie macht ihm aber auch Angst.
Das Kind spürt: Da muss es mehr geben – ohne unbedingt eine ausgereifte Phantasie von sexuellem Verkehr zu haben. Kleine Mädchen können mit dem Vater ganz schön „flirten“ – es gibt Situationen, die den labilen Vater dazu verleiten könnten, das Kind zu nahe kommen zu lassen.
Hier sind die Grenzen, die Wünsche, Phantasien und körperlichen Empfindungen eben oft schwammig und undefiniert. Dass das Mädchen konkret mit dem Vater schlafen wolle, habe ich hier nirgends geschrieben.
Dunja Voos
Petra Grimm meint
Leider hast Du die psychoanalytische Theorie nicht richtig verstanden. Aber da bist Du nicht allein, sondern einer unter vielen. Nimm es mir nicht übel, aber ich versuche im Nachfolgenden, Dir die Theorie nahe zu bringen.
Die psychoanalytische Theorie besagt, dass das Mädchen seinen Vater begehrt, was keinesfalls sagen will, dass das junge Mädchen mit seinem Vater schlafen will. Das ist schlicht und ergreifend falsch. Richtig ist, dass das junge Mädchen Ärger und Neid gegen die Mutter empfindet, die mit dem Vater zusammen sein darf und Bewunderung gegenüber dem Vater, dem sie nahe sein will und den sie im Idealfall bewundert. Nirgendwo (auch bei Freud) steht geschrieben, dass das Mädchen im erwachsenen sexuellen Sinn mit dem Vater schlafen will. Das wäre eine Verkennung der psychoanalytischen Theorie! Ein Begehren aus kindlicher Sicht bedeutet, dem Vater ganz nahe sein zu wollen und seinen Schutz zu suchen. Natürlich ist eine sexuelle Penetration eines männlichen Erwachsenen gegenüber seinen Kind ein Missbrauch und auch im psychoanalytischen Sinne ein Missbrauch und zu verurteilen, weil es die kindliche Psyche überfordert!! Leider werden Freuds Schriften immer wieder falsch verstanden, was wirklich schade ist, weil er ein genialer Kopf war.
christina meint
Danke M. Pieri!!!
M. Pieri meint
Das ist ein Nonsens hoch tausend; das Mädchen sehnt sich unbewusst danach mit seinem Vater zu schlafen. Es wird Zeit, dass diese dümmliche Theorie endlich obsolet wird. Wer ein solches Menschbild hat, der gehört nicht auf sexuell traumatisierte Frauen losgelassen. Das „Unbewusst“ klingt in deren Ohren wie blanker Hohn!
Wenn man sich die anatomischen Verhältnisse vor Augen führt kann sich eventuell vorstellen, was es bedeutet als kleines Mädchen vom Penis eines erwachsenen Mannes penetriert zu werden. Aber auch schon alle anderen, nicht kompletten Penetrationsversuche sind sicher schmerzhaft, ängstigend und mit großer Abscheu erlebt – die meisten Mädchen erleben durch die große Abhängigkeit zu ihrem Vater Todesangst weil Existenzangst und nicht wenigen zerreißt das die Seele. Dazu kommen andere Faktoren, wie das in den meisten Fällen auferlegte Schweigegebot, Dissoziation, eine nicht sehende und hilfreiche Mutter, und nicht zuletzt die Tatsache, dass der sMB ein oft über Jahre viele hundert Male wiederholt wird und sich die Täter in der Intensität steigern. Zudem ist bei vielen Tätern auch der Hang zu Gewalt und manchmal auch zu Sadismus Motivation – vielleicht wird da spätestens klar, dass das nichts mit einer alten griechischen Sage zu tun haben kann.
Analytiker: hört endlich auf, den sexuell missbrauchten Mädchen unbewusste Triebwünsche zu unterstellen – ein Vater der sein Kind missbraucht war zu keinem Zeitpunkt ein guter Vater. Viele Mädchen mit einem solchen Vater kommen wahrscheinlich nicht einmal ungestört bis zur ödipalen Phase. Sie werden schon lange davor geschändet.