
Die Psychoanalyse lebt von der Beziehung – besonders auch von der „Übertragungsbeziehung“. Der Analytiker verhält sich relativ „neutral“ und schweigt viel, sodass im Patienten alte Erfahrungswelten neu auftuachen. Der Patient kommt in die Übertragung – er fühlt sich in der Analyse z.B. plötzlich so alleine wie damals als Kind bei den Eltern. Er erlebt den Analytiker dann z.B. als ebenso unnahbar und übergriffig wie er damals den Vater erlebt hat. Der Patient „überträgt“ dem Analytiker die Rolle des Vaters.
Diese Übertragung kann jedoch ausbleiben. Der Patient fühlt dann z.B. „nichts“ in Bezug auf den Analytiker. Vereinfacht gesagt „weigert“ er sich, eine Verbindung zum Analytiker einzugehen, weil seine Angst zu groß ist, wieder in das für ihn schreckliche Gefühl der Abhängigkeit zu gelangen. Natürlich ist es aber ein enges Wechselspiel, sodass auch Widerstände und Ängste im Analytiker eine Übertragung erschweren können.
Im Übertragungswiderstand entwickelt der Patient keine Neugier auf den Psychoanalytiker und er geht aufgrund von Angst keine emotionale Bindung mit ihm ein. Er will unabhängig bleiben.
Meistens sind die Patienten aufgrund unbewusster Hindernisse im „Übertragungswiderstand“. Sie können sich grundsätzlich an den Analytiker binden, aber sie wollen es unbewusst verhindern.
Bei manchen Patienten kann der Übertragungswiderstand so groß sein, dass die Frage auftuacht, ob es sich wirklich um einen Widerstand handelt, oder ob die Patienten keine Übertragungsbeziehung zum Analytiker eingehen können.
Beispielsweise weichen alkoholkranke Menschen oft der Beziehung aus. Sie wenden sich nicht einem anderen Menschen, sondern stattdessen dem Alkohol zu. Die Sucht wirkt dann wie eine „innere Umleitung“ weg vom anderen Menschen hin zum Alkohol. Manchmal könnte man dann meinen, es gäbe so etwas wie eine „grundsätzliche Bindungsunfähigkeit“.
Die Übertragung kann sich verändern
Es gibt Übertragungsgefühle, zu denen der Patient stehen kann. Es ist leicht, zu einem Analytiker zu gehen, den man als „guten Vater“ erlebt. Es gibt aber auch Übertragungsgefühle, die ungewollt und unangenehm sind. So ist es für den Patienten zum Beispiel unangenehm, sich in seinen Analytiker zu verlieben oder während der Sitzung sexuelle Erregung zu verspüren. Das wird als gefährlich und peinlich erlebt. Eine Liebesbeziehung zum Analytiker ist genauso tabu wie zum eigenen Vater.
Wenn Neid, Hass, Eifersucht, Enttäuschung oder vieldeutige Träume auftauchen, wird es ebenfalls schwierig. „Böse“ Gefühle und Gedanken mag der Patient ebenso wenig fühlen wie Schwäche und Abhängigkeit. Er möchte darüber weder nachdenken noch reden. Daher geht er in den „Widerstand“.
Nach einer Kindheit mit gewalttätigen Eltern ist die Beziehung zum Analytiker oft besonders schwierig – er wird oft als bedrohlicher Angreifer erlebt. Menschen mit schweren Angststörungen haben leicht Angst, der Psychoanalytiker könnte sie „verrückt“ machen – daher vermeiden sie die tiefere Beziehung zu ihm.
Ablenkung ist die beste Verteidung
Der Patient wehrt seine ungewollten Gefühle und Wünsche ab und will verhindern, dass diese Gefühle in der Analyse zum Vorschein kommen. Daher beginnt er, von seinen Gefühlen abzulenken, denn wenn offensichtlich würde, was in ihm vorgeht, würde er sich vielleicht schämen.
Er fängt an, in der Therapiestunde Widerstand zu leisten. So lenkt er zum Beispiel ab, indem er irgendwelche Probleme heraufbeschwört, die er in der Psychoanalyse-Stunde besprechen kann. Zum Beispiel provoziert er einen Streit mit seiner Partnerin, um das echte Problem, das er mit dem Psychoanalytiker hat, zu umschiffen.
Dieser Widerstand gegen das Auftauchen der „echten“ Gedanken, Gefühle und Wünsche in Bezug auf den Analytiker nennt sich „Übertragungswiderstand“ (was man manchmal auch mit „Beziehungswiderstand“ bezeichnen könnte). Mithilfe der „Widerstandsanalyse“ lässt er sich häufig verstehen und in verschiedenen Graden auch auflösen.
Verwandte Artikel in diesem Blog:
Dieser Beitrag erschien erstmals am 14.12.2013
Aktualisiert am 24.10.2020
VG-Wort Zählpixel
Schreibe einen Kommentar