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Rund um Psychoanalyse :: Worte statt Pillen

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Aktuelle Seite: Startseite / Borderline / „Bei Borderlinern muss man hart bleiben und an einem Strang ziehen.“

„Bei Borderlinern muss man hart bleiben und an einem Strang ziehen.“

01.11.2019 von Dunja Voos 3 Kommentare

„Wir müssen als Team zusammenhalten und eine Front bilden“, sagt die Stationsschwester einer psychiatrischen Jugendklinik. „Wir dürfen uns weder manipulieren noch umwerfen lassen. Nur, wenn wir bei unserem ‚Nein‘ bleiben, kann der Patient sich beruhigen und die Realität begreifen.“ Nach diesem Schema verfahren eigentlich alle Einrichtungen, die ich bisher kennengelernt habe und auch viele Psychotherapeuten verfahren so.

Nach vielen Gesprächen mit Patienten zweifele ich diese Methode jedoch an. „Wir therapieren dich in dieser Einrichtung erst weiter, wenn du dich endlich für eine Ausbildung entschieden hast. Erst, wenn du dich da angemeldet hast, sind wir wieder für dich da“, heißt es. Es heißt, der Borderliner würde sich beruhigen, wenn er vor einer klaren Linie stehe. Aber geht es dem Patienten nicht wie dem Kind auf der Treppe in der Aus-Zeit?

„Na klar habe ich mich beruhigt“, sagt mir ein Patient. „Nach drei Tagen war ich ruhiger, weil mir ja nichts anderes übrig blieb. Aber ich war einfach resigniert und die Wut sitzt bei mir immer noch tief. Wenn ich das nächste Mal in diese Situation komme, werde ich wieder genauso aufgebracht sein“, sagt er.

Die Patienten, die auf die „harte Linie“ treffen, spüren meistens eins: unsäglichen Hass, unsägliche Wut, Verzweiflung und Resignation. „Dann bringe ich mich halt um!“, drohen manche. Und drücken damit aus, worum es wirklich geht: Um Leben und Tod.

Das Drama ist echt

Die Patienten, die das „harsche Nein“, die „strenge Linie“ erfahren, haben nicht selten wirklich das Gefühl, sie müssten sterben. Doch weil die Situation so vertrackt ist, so emotional aufgeladen und vielleicht auch sexuell erregt ist, können auch die Therapeuten oft nicht mehr „klar denken“. Sie greifen zu dem, was den Gesunden logisch erscheint: Das Kind wird sich beruhigen, wenn der Vater/die Mutter ein Fels in der Brandung ist. Das mag bei einigen Patienten hilfreich sein, es mag viele beruhigen, aber viele eben auch nicht und in bestimmten Situationen bringt es die Betroffenen noch mehr auf.

Denn was die Patienten in dem Moment der Verzweiflung wirklich brauchen, ist keine „klare Linie“, sondern Verstehen.

Das Chaos sehen

Borderline-Patienten brauchen im erregten Status jemanden, der mit ihnen in das Chaos eintaucht, da mit ihnen entlang spaziert und versteht, was der Betroffene meint. Es muss bedeutungsvoll bleiben.

Borderline-Patienten sind fast immer extremer Gewalt ausgesetzt gewesen. Da gab es Erwachsene, die hart waren und sagten: „Ich gehe jetzt über Deine Grenze, ich tue Dir jetzt weh, ich führe diese Therapie jetzt mit Dir durch, egal, was Du sagst.“ Borderline-Patienten sind also oft extrem vertraut mit Menschen, die reaktionslos wie eine Wand sind, die bei ihrem Gutdünken bleiben und mit denen sich nicht verhandeln lässt, bei denen es keinen Ausweg aus der Gewaltsituation gibt.

Auf der anderen Seite haben sie es erlebt, völlig alleingelassen und fallengelassen zu werden. Wenn Therapeuten „hart“ gegenüber Borderline-Patienten sind, erleben die Betroffenen wieder dasselbe, das sie früher erlebt haben.

Das Kennzeichen einer psychischen Erkrankung ist, dass das, was bei Gesunden funktioniert, hier eben nicht funktioniert.

Borderliner geraten häufig in Not, wenn sie sich entscheiden müssen. Es ist dann fast, als seien sie zwei Personen. Als seien sie in der Innenwelt zwischen Vater und Mutter hin- und hergerissen und als könne es – egal wie – nur schlecht enden.

Manche Kinder sind tatsächlich beruhigt, wenn ein Elternteil signalisiert: „So, jetzt ist es 21 Uhr und Du gehst ins Bett wie jeden Abend. Ich begleite dich und es ist gut so.“ Das gibt Kindern in einer guten Eltern-Kind-Beziehung Sicherheit. Auch hier spielen sich abends manchmal „Dramen“ ab, aber sie bleiben in einem bestimmten Rahmen und am Ende schläft das Kind gut ein. Bei Borderline-Patienten sieht es bildlich gesprochen so aus, dass sie ins Bett gehen und stundenlach mit großer Wut und riesiger Verzweiflung wach bleiben. Es ist vielleicht niemand da, der sie jemals verstanden hat.

„Ich habe das Bedürfnis, mich vor diesem verrückten Patienten abzugrenzen. Er treibt mich in den Wahnsinn.“ Wenn man bedenkt, dass dieses Gefühl durch projektive Identifizierung entstanden sein könnte, könnte man sagen: So hat sich der Borderliner damals als Kind gefühlt, als er mit den verrückten Eltern umgehen musste.

Wie kann es anders gehen?

Hilfreicher als die „klare Linie“ ist es oft, wenn man vor dem Ptaienten eben nicht „eine Front“ bildet und nicht bei seinem „Nein“ bleibt. „Aber dann können die Patienten einen doch zu allem verführen! Da ist doch dem sexuellen Missbrauch Tür und Tor geöffnet“, sagen manche.

Ich glaube, das ist etwas anderes. Natürlich gibt es z.B. in der Psychoanalyse ein dauerhaftes „Nein“ bei bestimmten Themen, z.B. gibt es keine Berührung außer das Händeschütteln zur Begrüßung und zum Abschied. Aber ich glaube, das verstehen auch die Patienten. Wenn der Therapeut sich und seine Integrität schützt, wenn er den Rahmen hält, ist es für die Patienten nachvollziehbar und sie spüren, dass es auch sie selbst schützt.

Ich spreche hier von Zwischenbereichen und vom Körper des Patienten, z.B. wenn ein Patient partout keine Medikamente einnehmen will, wenn er sich nicht entscheiden kann, ob er morgen eine Therapiesitzung haben möchte oder nicht, wenn er länger in der Klinik bleiben will, die Therapeuten aber beschlossen haben, dass er gehen muss, weil er nicht pünktlich kommen kann.

Wann immer der Patient in einen Bereich gerät, in dem er den Therapeuten etwas von sich zeigen möchte, gilt es, aufnehmend zu bleiben. Es gilt, präsent zu bleiben und mit dem Patienten an die Stelle zu kommen, an der er meint, sterben zu müssen.

Wenn der Patient hier verstanden wird und erfährt, dass der Therapeut gesprächs- und verhandlungsbereit bleibt, genauso, wie er es bei einem gesunden Gegenüber auch bliebe, dann ist das für den Patienten eine heilsame Erfahrung. Es ist wie bei Kindern: Man kann sie betrachten wie kleine Erwachsene unter Berücksichtung, dass sie eben Kinder sind. Wir würden keinem erwachsenen Partner aus erzieherischen Gründen das Handy wegnehmen. Bei unseren Kindern sind wir da oft ganz schmerzfrei und nehmen ihnen das Handy weg. Wir behandeln sie nicht wie einen ebenbürtigen Menschen.

Ähnlich ist es bei Borderlinern auch: Es ist wichtig, dass der Therapeut ihn weiterhin wie einen gesunden, erwachsenen Menschen behandelt unter der Berücksichtigung, dass da ein schwer gequälter Mensch vor ihm steht. Und dieser Mensch findet nicht durch eine „klare Linie“ aus seiner Qual, sondern durch einen gemeinsamen Spaziergang am Rande des Abgrunds. „Schau her, das habe ich erlebt“, möchte der Patient sagen. Und wenn er spürt, dass er Therapeut dieses innere Gefühl der Widerwärtigkeit mitfühlen kann, dann ist der Weg nach draußen in eine „vernünftigere“ Welt gebahnt.

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Kategorie: Borderline, Psychoanalyse Stichworte: Borderline, Psychoanalyse

Leser-Interaktionen

Kommentare

  1. Marine meint

    12.09.2020 um 0:04

    Als Angehörige von einer Borderlinerin muss ich aber leider sagen, dass ich rein aus Selbstschutz bei ihr nicht mehr kompromissbereit bin. Das war ich lange genug, es hat aber keinen Frieden hergestellt.

    Wenn jemand halt ein Fass ohne Boden ist, dann kann man halt irgendwann einfach nicht mehr.

    Natürlich bekomme ich jetzt vorgeworfen, autoritär und dominant zu sein. Wie sehr sie selbst andere kontrollieren will und wie sehr sie andere angreift, scheint sie nicht mitzubekommen, die Abwehr bekommt sie aber mit und erlebt es als Angriff.

    Keine Ahnung, wie man als Thera mit so jemand umgehen sollte, aber als Angehörige kann ich nur sagen, lasst Euch den Psychoterror nicht gefallen sonst liegt ihr bald psychisch total am Boden.

    Freundlich mit ihr umzugehen hat mir nichts gebracht, das habe ich lange genug versucht. Ich war wirklich freundlich. Das hat aber keinen Frieden hergestellt, sondern im Gegenteil.

  2. modean meint

    03.01.2020 um 18:46

    Hallo Frau Voos,

    ich habe uebrigens das Nein kassiert, da ich ziemlich nachdruecklich das eingefordert habe, was ich in meinem vorherigen Kommentar ein Modell oder eine Diagnose nannte. Ich wollte also verstehen was mit mir los ist. Das Kind sollte zudem auch einen Namen haben.

    Vermutlich habe ich mich auch so als Kind verhalten. Ich wollte die Dinge einfach verstehen und hab dann oft Unverstaendnis geerntet. Vielleicht war man auch einfach ueberfordert.

  3. modean meint

    03.01.2020 um 18:39

    Hallo Frau Voos,

    das mit der klaren Linie hat bei mir gar nicht funktioniert. In der Sitzung wurde ich gefragt, ob meine Empfindung immer noch dieselbe, wie die beim letzten Mal sei, als ich das Nein zu hoeren bekam und ich hab ja klar gesagt, ich wuerde mich dieses mal nur bewusst zurueck halten, das sei alles. Wir sassen dann in unseren Schuetzengraeben und haben vermutlich beide gewusst, dass wir gemeinsam in diesem Moment die Therapie zugrabe tragen.

    Ich selbst habe keine Diagnose und habe mir ein Modell selbst erarbeitet, das fuer mich zumindest stimmig ist und mir hilft zu erklaeren, wie ich mich in welchen Situationen erlebe.

    Das Nein, hat in meinem Fall nur dazu gefuehrt, dass man sich therapeutisch erklaeren musste, weil ich das Nein hinterfragt habe. Die Erklaerung war dann so unschluessig, dass die Situation 1:1 meinem Kindheitserleben glich.

    Fuer mich war klar, dass es auch ein Ja oder ein Ja aber geben koennte, man aber aus Prinzipientreue oder Dogmatismus oder was auch immer auf das Nein beharrte. Insofern denke ich spielt man mit diesem Nein, mit der Linientreue, auch gleichzeitig Russisch Roulette.

    In der Folge hab ich dann Nein gesagt und die Therapie abgebrochen.

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