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Aktuelle Seite: Startseite / Psychoanalyse / Buchtipp: Unbehagen in psychoanalytischen Instituten

Buchtipp: Unbehagen in psychoanalytischen Instituten

24.08.2019 von Dunja Voos Kommentar verfassen

Als ich meine (noch andauernde) Ausbildung zur Psychoanalytikerin bei der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV, Zweig der der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung, IPA) begann, stellte ich mir diffus vor, bei den Psychoanalytikern gäbe es so eine Art „Beziehungs-Himmel auf Erden“. So, wie ich immer wieder geneigt bin, Pfarrer, Psychologen, Buddhisten oder Nonnen als „irgendwie bessere Menschen“ zu phantasieren, so dachte ich, in einem psychoanalytischen Institut herrsche mehr oder minder eine ständige Wohlfühlatmosphäre.

Nachdem ich erste lebhafte Diskussionen miterlebte, war ich überrascht – hatte ich das Bild, dass Analytiker immer bedacht und zurückhaltend sind, so ging es hier so lebendig zu wie bei den Chirurgen. Ich dachte daran, wie unsere Oberkellnerin in der Mediziner-Cafeteria rief: „Füße vom Tisch! Wir sind hier nicht bei den Germanisten!“ Ich beschäftigte mich zu der Zeit mit Pema Chödrön, einer buddhistischen Nonne, die nach harten Zeiten der Trennung von ihrem Mann Zuflucht in einem Kloster suchte, wo sie sich eine heile Welt erhoffte – und auf ganz „normale“ Menschen stieß.

Vom Psychosozial-Verlag erhielt ich vor einigen Monaten das Buch der Wiener Psychoanalytikerin Sylvia Zwettler-Otte (WPV, Wiener Psychoanalytische Vereinigung, IPA). zur Rezension für dieses Blog. Und fand direkt auf den ersten Seiten so wichtige Sätze wie diese:

„Freud ging offenbar von der Erwartung aus, dass in einer Gruppe von Forschern, die das Erkennen selbst der verborgensten seelischen Vorgänge zu ihrer Hauptaufgabe machen, das Zusammengehörigkeitsgefühl und Einverständnis größer sein müsse, als es normalerweise in Gruppen der Fall ist.“ (Sylvia Zwettler-Otte: Das Unbehagen in psychoanalytischen Instituten, Psychosozial-Verlag Gießen, 2019: S. 18/19)

Sie zitiert auf Seite 19 auch aus Freuds „Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung“ (1914d), wo er sagte:

„Es gelang mir nicht, unter den Mitgliedern jenes freundschaftliche Einvernehmen herzustellen, das unter Männern, welche dieselbe schwere Arbeit leisten, herrschen soll und ebensowenig die Prioritätsstreitigkeiten zu ersticken, zu denen unter den Bedingungen der gemeinsamen Arbeit reichlicher Anlaß gegeben war.“ (Sigmund Freud)

Sylvia Zwettler Otte beschreibt Wunschphantasien, Erwartungen und Dilemmata, die entstehen, wenn man mit psychoanalytischen Instituten in Verbindung steht. Im Gegensatz zu anderen Vereinigungen herrschen in psychoanalytischen Instituten besonders viele Verstrickungen und Abhängigkeiten: Die Ausbildungskandidaten haben einen Lehranalytiker, der sich jedoch dank des Non-Reporting-Systems aus der formalen Ausbildung des Kandidaten vollständig heraushält. Der Lehranalytiker hüllt sich in Schweigen, was seinen Ausbildungskandidaten betrifft. Und auch die Ausbildungskandidaten selbst schützen ihre Lehranalyse und wählen genau aus, was sie erzählen, denn in der persönlichen Analyse treten die peinlichsten und kindlichsten Phantasien zutage.

Wer was wann wie sagen darf oder will, wird in psychoanalytischen Instituten oft genauer bedacht als anderswo.

Dann gibt es Supervisoren*innen, die die Ausbildungsfälle begleiten, Institutsleiter*innen, Prüfer*innen sowie Hierarchien, die alleine dadurch entstehen, dass sich das Institut teilt in „fertige“ Psychoanalytiker, also Mitglieder der DPV, und Ausbildungskandidaten, also Noch-Nicht-Mitglieder. Wer eine psychoanalytische Ausbildung anfängt, nimmt viel auf sich und macht es nicht einfach so. Er hat möglicherweise selbst oft viel Leid erfahren, wurde vielleicht über eine eigene Psychoanalyse als Patient zur Ausbildung motiviert, hat hohe Ideale und sucht sich das Thema „Beziehung“ als Hauptaspekt seines Berufes aus.

Der Ausbildungskandidat kommt also mit vielen Erwartungen und Vorstellungen in so ein Institut, das sich hervorragend dazu eignet, wie eine Familie empfunden zu werden. Schwierigkeiten und Freuden, die in der Herkunftsfamilie erlebt wurden, werden leicht auf das Institut übertragen.

Zwettler-Otte nimmt den Umgang, den Psychoanalytiker miteinander pflegen, genau unter die Lupe und beschreibt diesen z.B. im Kapitel 3.3.6 „Der Austausch unter Analytikern“ (ab S. 80). Sie geht insbesondere auch auf die Atmosphäre auf Kongressen ein und widmet sich diesem Thema in Kapitel 8: „Viele Kongresse und die Klage ‚Keiner hört zu!'“

Die Autorin beschreibt sehr genau die Spannungsfelder, die aus dem Dilemma entstehen, dass der Ausbildungskandidat einerseits die vertraute Lehranalyse und andererseits das quasi ahnungslose, alltägliche Institutsleben erlebt. Doch darin stecken viele Chancen: „Keine andere Berufsausbildung als die zum Psychoanalytiker bietet als wesentlichsten Teil so viel ‚Nachhilfe‘ zur Ichstärke an“, schreibt sie (S. 91, Kaptiel 4.1: Zwischen Suche und Flucht).

Sie widmet sich den ethischen Grundsätzen ebenso ausführlich wie dem Thema „Älterwerden“ des Psychoanalytikers („Der Umgang der Analytiker mit ihrem Alter“, Kapitel 2.2.1, ab S. 62) und vielen anderen interessanten Fragen, die man sich besonders in der Ausbildung stellt, wie z.B. die Frage, was nach der Ausbildung kommt (Kapitel 9: „Die beendete eigene Analyse – und danach?“ ab S. 133).

Besonders interessant erschien mir Kapitel 11.2.1 „Der Zweck psychoanalytischer Institutionen“ (ab S. 155), in dem Zwettler-Otte sich mit den Theorien des Psychoanalytikers Wilfred Bion zum Thema „Gruppe“ befasst. Sie fasst zusammen, was eine funktionierende Gruppe nach Bion ausmacht und geht auf „die Grenzen psychoanalytischer Institutionen“ ein (Kapitel 11.2.2, ab S. 156). Sie erinnert daran, dass Bion selbst gesagt hat: „Eine Gruppe ist selbst ein Hort der Unsicherheit“ (Experiences in Groups (1989 [1961]).

Wichtig erscheint mir auch Zwettler-Ottes Beschäftigung mit dem Schlagwort „Wissenschaft“ und dem Zwang, die Psychoanalyse beweisen zu wollen (Kapitel 3.3.4 „Der selbst auferlegte Beweiszwang“, ab S. 75): „Die Wege der freien Assoziation und der gleichschwebenden Aufmerksamkeit haben aber intuitiven Charakter und lassen sich nicht ohne Weiteres registrieren.“ Und ohnehin: „Jemandem ohne analytische Erfahrung Psychoanalyse erklären zu wollen, kann nur sehr beschränkt gelingen“ (S. 75).

Sie betont, dass die Psychoanalyse sich mit dem Nicht-Wissen befasst und „wissenschaftliche Beweise“ daher schwierig sind. Sie zitiert den Psychoanalytiker H. Shmuel Erlich, 2009 (Das Unbehagen in der Kultur von heute. Psychoanalyse und gesellschaftliche Anerkennung. In: M. Ermann: Was Freud noch nicht wusste. S. 113-125, Frankfurt/M. Brandes&Apsel):

„Dieser Umstand unterscheidet demnach auch unsere Disziplin von anderen Fachgebieten, die ihr Wissen eher präsentieren können, während sich die Psychoanalyse eben mit dem Nicht-Wissen, dem Unbewussten befasst (Erlich, 2009).“ (S. 76)

Dieses „Nicht-Wissen“, das Unbewusste, bleibt immer bestehen, egal, wie gründlich man sich einer Psychoanalyse unterzogen hat. Mark Solms sagte einmal, wenn ich mich richtig erinnere, dass in der Psychoanalyse das Unbewusste „markiert“ wird und man dadurch besser in Kontakt mit ihm treten kann (Quelle leider nicht zur Hand). Aber dass Psychoanalytiker weiterhin „nur“ Menschen bleiben, dass sie fehlbar sind, inneres Leid haben, dass sie alt werden, neidisch und ehrgeizig sind wie alle anderen Menschen auch, das beschreibt Zwettler-Otte in ihrem Buch so, dass dieses eigentlich Selbstverständliche noch einmal sehr deutlich wird.

Und das ist es auch, was mir dieses Buch „gebracht“ hat: Es hat mir vieles sehr deutlich vor Augen geführt und verständlicher gemacht. Zwettler-Otte spricht relativ nüchtern aus einer scharfen Beobachtung heraus und manchmal fehlte mir an diesem Buch eine flexiblere, mutmachendere Seite. Während der Analytiker früher eher als „neutrale Projektionsfläche“ galt, so sind heute die Aspekte Gefühl, Resonanz, Präsenz und auch eine wärmere Willkommenskultur offensichtlicher geworden. Möglicherweise spiegeln sich diese Veränderungen auch im Institutsleben wider. Auch sind Analytiker zunehmend im Internet vertreten mit einladenden Websites ihrer Praxen – früher wäre so ein „Sich-Zeigen“ wahrscheinlich undenkbar gewesen. Die sozialen Medien bieten zudem viele Möglichkeiten, Chancen, aber auch Risiken für die Psychoanalyse, doch das sind Themen für die Rezensionen anderer Bücher …

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Kategorie: Psychoanalyse Stichworte: Buchtipp, Psychoanalyse

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