
In der Psychoanalyse bekannt ist der Ödipus-Komplex. Kurz gesagt: Die Kinder wollen in ihrer Phantasie den gegengeschlechtlichen Elternteil „heiraten“ und den gleichgeschlechtlichen Elternteil umbringen. Es gibt jedoch auch bei den Eltern die (unbewusste) Phantasie, ihr Kind aus dem Weg zu räumen – so wollte der griechischen Sage nach der Vater von Ödipus, Laios, seinen eigenen Sohn töten, weil ein Orakel besagte, dass der Sohn sonst ihn irgendwann umbringen würde. Etliche Sagen, Mythen und Märchen drehen sich um dieses Thema.
Der Psychoanalytiker Leopold Morbitzer (DPV) beschreibt den Laios-Komplex anhand eines Vergleichs zwischen „Laios und Lord Voldemort“, der bösen Figur aus „Harry Potter“ (Leopold Morbitzer: Laios und Lord Voldemort, Rebellion gegen die Endlichkeit, Psychosozial-Verlag 2018, S. 95 ff.).
Lord Voldemort (Tom Riddle jun.) versucht, seiner eigenen Vergänglichkeit zu entkommen (Morbitzer 2018, S. 96): „Ihr kennt mein Ziel – den Tod zu besiegen“ (Rowling, 2000, S. 682)“. Morbitzer schreibt: „Tom Riddle jun. legt seinen Namen ab und nennt sich fortan Lord Voldemort“, also „Raub des Todes“ (französisch: vol de mort) (S. 96).
Ödipus-Komplex: „Der Vater wird auch als der übermächtige Störer des eigenen Trieblebens erkannt, er wird zum Vorbild, das man nicht nur nachahmen, sondern auch beseitigen will, um seine Stelle selbst einzunehmen.“ (Sigmund Freud, 1914: Zur Psychologie des Gymnasiasten, Projekt Gutenberg)
Leopold Morbitzer schreibt: „Der Begriff (Anmerkung: Laios-Komplex) stammt von Georges Devereux (1953), der von einem ‚komplementären Ödipus-Komplex‘ der Eltern sprach und deren sexuellen und aggressiven Impulsen gegenüber ihrem Kind. John Munder Ross (1982) aber war es, der den Begriff entscheidend geprägt hat. Für ihn ist Laios der Prototyp des schlechten Vaters. …. Ich habe nun vorgeschlagen (Morbitzer, 2017), unter den Begriff Laios-Komplex nicht einfach nur böse Verhaltensweisen von Eltern zu subsumieren, sondern ihn als etwas zu sehen, was mit einem spezifischen Konflikt ringt … Der Begriff ‚Laios-Komplex‘ sollte nur für die Fälle reserviert sein, bei denen es um die Anerkennung der eigenen Vergänglichkeit beziehungsweise um deren Abwehr geht. Dann ließe sich auch scheinbar gut gemeintes, überbehütendes Verhalten der Eltern als Abkömmling eine Laios-Komplexes verstehen, sofern dieses Verhalten unbewusst dazu dienen soll, sich unentbehlich zu machen, zur Abwehr der Angst, eines Tages entbehrlich zu sein“ (Morbitzer, 2018, S. 97).
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