Wir können ja mal über eine sehr schwierige, komplexe Emotion meditieren: Wie fühlt es sich an, wenn man wütend ist, aber diese Wut nicht zeigen kann? Wie fühlte es sich als Kind an, wenn wir wütend auf Vater oder Mutter waren, sie uns aber mit Schweigen oder Drohungen gegenübertraten? Dann kam etwas Masochistisches in Gang: Wie stellten uns „lieb“, baten um Vergebung.
Was passiert mit unserem Hals? Spüren wir, wie wir da etwas herunterdrücken? Wie die Atmung abflacht? Wir heuchelten und taten alles, Hauptsache, der „gute Kontakt“ war wiederhergestellt. Wann fühlen wir uns heute so? Wenn Chefs zum Gespräch bitten? Wenn der Partner „beleidigt“ ist? wenn wir kurz vor dem Examen stehen?
Wohl jeder kennt dieses Gefühl der geschluckten Wut, weil man abhängig ist. Es gibt Lebenssituationen, in denen es nicht anders geht. Wichtig aber ist, dass wir es wahrnehmen.
In wirklich guten Beziehungen kann man anfangen, zu sprechen. Der Druck im Hals lässt nach. Vielleicht muss man weinen. Aber wir müssen nicht mehr „heucheln“, sondern können uns selbst ernst nehmen und unserer Wut Ausdruck verleihen. Darüber zu sprechen kann unglaublich gut wirken. Wenn wir sprechen, dann „verdauen“ wir die Wut. Der andere versteht. Das Sprechen ermöglicht es uns, wütend zu sein, ohne uns oder dem anderen zu schaden.
annimal meint
Hallo Frau Voos,
das Gefühl, auf jemanden wütend zu sein und gleichzeitig emotional abhängig von der Person zu sein, kenne ich gut. Ich habe den Eindruck, dass das Gefühl der Abhängkeit die Wut dann noch verstärkt, weil es nicht möglich ist, sich zu distanzieren. Weil die Distanz ja auch wieder Angst macht… Dann fühlt man sich so ohnmächtig…