
Der oknophile Mensch klammert sich an andere Menschen, während der philobatische Mensch die Freiheit liebt. „Oknos“ = altgriechisch: der Zauderer. Oknos war in der griechischen Mythologie der Mann einer zügellosen Frau. Er war verdammt, auf ewig ein Seil zu flechten, dessen Ende von einem Esel gefressen wurde. „Philobatismus“ setzt sich zusammen aus „Philos“ = „der Freund“ und „akrobates“ = der auf den äußersten Zehenspitzen geht.
Zwischen Anklammerung und Risikobereitschaft
Der Psychoanalytiker Michael Balint (1960; 1896-1970) „beschrieb mit den philobatischen und oknophilen Persönlichkeitstypen zwei Grundformen der Charakterentwicklung: Der eine (Anmerkung: Philobat) strebt nach Freiheit und Unabhängigkeit, der andere (Oknophile) klammert sich an die Objekte (Anmerkung: Objekte = andere Menschen).“ (Karl König: Charakterneurose. In: Mertens/Waldvogel: Handbuch der psychoanalytischen Grundbegriffe, Kohlhammer 3. Auflage 2008, S. 115).
Bei der Oknophilie und dem Philobatismus kann es sich um primitive Formen der Objektbeziehung handeln, die sich von der Grundstörung ableiten (siehe Thomas Auchter, Handbuch, S. 266).
„Balint selbst hat von der philobatischen und der oknophilen Form der Objektbeziehung gesprochen, und nach meiner Meinung gibt es auch Patienten, die ständig zwischen beiden Formen hin- und herpendeln … Mit ‚philobatisch‘ ist gemeint, dass der Patient eine Fassade von Selbstgenügsamkeit und Autonomie aufbaut … Die ‚oknophile‘ Variante besteht darin, dass der Patient ziemlich offen direkte ‚orale‘ und ’sexuelle‘ Forderungen an den Analytiker stellt und die analytische Position zu ignorieren scheint …“ (Ralf Zwiebel: Der Schlaf des Analytikers. Klett-Cotta, 1992/2010: S. 59-60).
„Die ‚oknophilen‘ Patienten drücken offen ihre Wünsche nach Verschmelzung … aus, während die Impulse nach Differenzierung und Atonomie abgespalten werden und starke Vernichtungs- und Trennungsängste hervorrufen. Die ‚philobatischen‘ Patienten drücken offen ihre Wünsche … nach .. Autonomie aus, während die Impulse nach Verschmelzung und Abhängigkeit …. abgespalten … werden …“ (Ralf Zwiebel: Der Schlaf des Analytikers. Klett-Cotta, 1992/2010: S. 64)
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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 8.10.2017
Aktualisiert am 14.4.2019
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