Kehlkopf-Asthma: Wenn bei Emotion das Einatmen nicht geht (Inspiratorischer Stridor)

Wer kurz vor dem Einschlafen oder aus dem Schlaf heraus unter plötzlicher Atemnot leidet, hat vielleicht ein sogenanntes „Larynx-Asthma“ (Kehlkopf-Asthma, Vocal Cord Dysfunction, VCD, Stimmbanddysfunktion, Deutsches Ärzteblatt 2008). Man schreckt mit Atemnot hoch, setzt sich auf, hustet, atmet ein paar Mal tief durch und langsam werden die Atemwege wieder frei. Der Anfall dauert etwa 1-2 Minuten. Auch am Tag kann die anfallsweise, schwere Atemnot von einem auf den anderen Atemzug entstehen, wenn man emotional berührt ist und vielleicht kurz vorher noch eine Erkältung hatte. Ärzte vermuten, dass dahinter eine Überempfindlichkeit (Hyperreagilibität) des Kehlkopfes (Larynx) steckt.

Das Ärzteblatt (8. Mai 2015) schreibt, dass verschiedene Allergieauslöser, Parfüm oder ein Mini-Verschlucken (Mikroaspiration) die Ursache der plötzlichen Einatem-Not sein könnte. Doch auch verschiedene psychische Zustände können das Kehlkopfasthma, das pro Anfall etwa 1-2 Minuten dauert, auslösen.

Es ist, als würde man wie gegen einen Widerstand einatmen. Deutlich ist ein krampfhaftes Einatemgeräusch (inspiratorischer Stridor) zu hören. Es bleibt jedoch immer ein kleiner Spalt zwischen den Stimmlippen offen. Ein paar Mal husten und der Spuk ist vorbei. Der Anfall selbst jedoch wird als sehr bedrohlich erlebt, weil eben einige Momente lang zum Teil extreme Atemnot besteht.

Diagnose

Viele Patienten stellen sich ihre Diagnose selbst, nachdem sie in Videos oder Berichten ihre typischen Symtpome wiedererkannt haben. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt kann die Diagnose „VCD“ (Stimmband-Dysfunktion, Stimmband-Asthma) manchmal mithilfe eines Kehlkopfspiegels (Laryngoskop) stellen. Der Arzt benutzt dazu meistens einen dünnen, weichen Schlauch, der durch die Nase geführt und in den Rachen geschoben wird. So kann er mit einer Mini-Kamera auf die Stimmlippen im Kehlkopf schauen. Hier erkennt er unter Umständen, dass sich die Stimmlippen bei der Einatmung anders als normal bewegen – er sieht, dass sich die Stimmlippen zusammenziehen, obwohl sie eigentlich auseinandergehen müssen.

Die Diagnose ist aber nicht immer so eindeutig. Oft kann der Arzt auch nichts feststellen und man wacht dennoch mit den Symptomen des Kehlkopfasthmas auf.

Echtes Asthma und Kehlkopfasthma

Auch etwa 3-5% der „echten“ Asthma-Patienten sind von Stimmbandasthma (Kehlkopfasthma, Larynxasthma) betroffen. Beim Larynx-Asthma helfen Asthmamedikamente in der Regel nicht oder nicht so gut wie beim „echten“ Asthma. Wer sich einmal genau selbst beobachtet, wird möglicherweise feststellen, dass diese Atemnotanfälle häufig in stressigen oder konfliktreichen Sitiuationen auftreten. Man denkt „zu viel und zu schnell“, sodass man außer Atem gerät. Doch auch plötzliche, große Erleichterung, Weinen und Schluchzen können zum Stimmbandkrampf führen.

In der Psychoanalyse geraten Patienten manchmal unter Atemnot, wenn sie emotional beanspruchende Themen bearbeiten. „Das Krankheitsbild fand bereits 1842 als ‚hysteric croup‘ (hysterischer Krupp) Erwähnung“ (Deutsches Ärzteblatt 2008) (Dunglison R: The practice of Medicine. Philadelphia: Lea and Blanchard 1842; 257–8.).

Genügend Restluft zum Husten ist da

Beruhigend ist es vielleicht zu wissen, dass in der Lunge immer noch genügend Restluft steckt. Wer also mit der Atemnot aufwacht, die für das Kehlkopfasthma typisch ist, hat noch Luft zum Husten und Ausatmen, sodass sich der Kehlkopf wieder entspannen kann. Bei diesem Geschehen könnte auch die „Polyvagal-Theorie“ einen Erklärungsansatz liefern. Bei psychischer Anspannung ist auch der Nervus vagus (10. Hirnnerv, der „Verdauungsnerv“) stark mit einbezogen. Sowohl Symptome am Ohr als auch am Kehlkopf können hier dann Zeichen der inneren Not sein.

Was hilft?

Die Diagnose kann oft anhand der genauen Beschreibung der Betroffenen gestellt werden. Manchmal können Erkältungen, Allergien, aber auch ein Reflux (Hoch- und Zurückfließen) von Magensäure dahinterstecken. Dementsprechend helfen dann Abwarten oder im Falle des Reflux eine Behandlung mit Protonenpumpenhemmern (z.B. Pantoprazol). Von Notärzten manchmal eingesetzt: Die Heliox-Therapie, also die Gabe von 20% Sauerstoff und 80% Helium (Reisner C, Borish L: Heliox therapy for acute vocal cord dysfunction. Chest 1995: 108: 1477). Auch die Gabe eines Beruhigungsmittels (z.B. Diazepam intravenös) kann helfen.

Es ist wichtig, sich auf die Ausatmung zu konzentrieren. Auch die Lippenbremse bei der Ausatmung hilft.

Vielen hilft allein das Wissen, dass der Anfall von selbst aufhört. Atemübungen und gezieltes Ruhigwerden können dauerhaft die Anfälle abschwächen. Wer kurz die Luft anhält, anstatt krampfhaft einzuatmen, kann oft feststellen, wie sich dadurch die Stimmlippen wieder entspannen, sodass wieder ganz normal Luft durch den Kehlkopf strömen kann.

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Weiterführende Literatur:

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 1.8.2015
Aktualisiert am 21.12.2023

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