
Die Ich-Psychologie ist eine Ausrichtung der Psycholoanalyse, bei der es um das „Ich“ innerhalb der Strukturen „Es, Ich und Über-Ich“ geht. Die Ich-Psychologie hat ihre Wurzeln bei Sigmund Freud, der das Konzept von Es, Ich und Über-Ich erfand. Seine Tochter Anna Freud baute die Erklärungen hierzu aus. Der Name „Ich-Psychologie“ wurde besonders von dem Psychoanalytiker Heinz Hartmann (1894-1970) geprägt (Biografie hier).
Geht der Psychoanalytiker „Ich-psychologisch“ vor, dann analysiert er zum Beispiel die Abwehrformen, mit denen sich der Patient zu schützen versucht. Es geht darum, das „Ich“ zu stärken, damit es nicht von den Trieben (dem Es) und dem Gewissen (dem Über-Ich) sozusagen „ingequetscht“ wird.
„Wo Es war, soll Ich werden“, sagte Sigmund Freud.
Quelle: Sigmund Freud, 1933 a, Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. GW 15. PDF auf www.psychoanalyse.lu
Das heißt unter anderem, dass Unbewusstes bewusst werden soll. Gleichzeitig soll ein strenges Über-Ich gelockert werden, damit das Ich wieder mehr Platz hat.
Heinz Hartmann prägte den Begriff „Ich-Psychologie“
„Für ihn (Heinz Hartmann) hatte das Ich zwei Funktionen: Die eine besteht darin, zur Vermeidung von Konflikten Abwehrmechanismen zu entwickeln; die andere, nach Hartmann bedeutendere, ist konfliktfrei und wird von ihm als ‚autonomes Ich‘ bezeichnet. Das autonome Ich ist von Geburt an präsent und entwcikelt sich unabhängig vom Es. … Als die wesentliche Funktion des autonomen Ichs wird somit die ‚Anpassung‘ an die Außenwelt verstanden.“ Jean-Michel Quinodoz: Freud lesen, Psychosozial-Verlag 2004, S. 350
Heinz Hartmann mochte den Freudschen Begriff „Trieb“ nicht. Er sprach von aggressiven und libidinösen Motivationen.
Die Ich-Funktionen stärken
Für Heinz Hartmann waren insbesondere die Ich-Funktionen wichtig – dazu gehören zum Beispiel die Fähigkeiten, sich erinnern zu können, etwas bewusst wahrnehmen zu können, aufmerksam sein zu können, sich konzentrieren zu können, die Bewegungen koordinieren zu können und sprechen zu können – also alles das, womit wir uns selbst bewusst steuern können.
Diese Fähigkeiten kann man untersuchen, schulen und stärken. Der Psychoanalytiker und der Patient konzentrieren sich dabei unter anderem auf die Realitätsprüfung: „Was ist innen und was ist außen? Was nehme ich innerlich wahr und wie sieht die äußere Realität aus? Wie kann ich mich an die äußere Realität anpassen?“ Das sind wichtige Fragen der „Ich-Psychologie“, die ja eigentlich „Ich-Psychoanalyse“ heißen müsste.
Weitere wichtige Vertreter der Ich-Psychologie:
- Ernst Kris
- Rudolph Loewenstein (1898-1976)
- David Rapaport (1911-1960)
- Erik Erikson
- (Quelle: http://www.psychoanalytikerinnen.de/usa_geschichte.html).
Die Kritiker von Freuds Triebtheorie nennen sich „Neo-Psychoanalytiker“.
Die Psychoanalytiker, die die Arbeit von Anna Freud und Heinz Hartmann fortführten, heißen „Post-Ich-Psychologen“.
Zu den Post-Ich-Psychologen gehören:
- Charles Brenner (1913-2008)
- Jacob Arlow (1912-2004)
- Paul Gray (1918-2002)
- Fred Busch
Charles Brenner und Jacob Arlow veröffentlichten 1964 den Text „Psychoanalytic Concepts and Structural Theory“. Hier schreiben sie unter anderem über die Beobachtung, dass sich die Menschen häufig selbst bestrafen oder sich ihren Erfolg verbieten.
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Quellen:
Wolfgang Mertens
Psychoanalytische Schulen im Gespräch (I)
Strukturtheorie, Ichpsychologie und moderne Konflikttheorie
Verlag Hans Huber, 1. Auflage 2010, S. 13
Charles Brenner, Psychoanalyst, Dies at 94
New York Times, 22. Mai 2008
http://www.nytimes.com/2008/05/22/nyregion/22brenner.html
Jacob A. Arlow, 91, Analyst Of Fantasy in the Unconscious
New York Times, 24.5.2004
http://www.nytimes.com/2004/05/24/nyregion/jacob-a-arlow-91-analyst-of-fantasy-in-the-unconscious.html
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 1.3.2014
Aktualisiert am 22.5.2019
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