Wer psychisch mehr aufgeladen bekommt, als er verarbeiten kann, der reagiert nicht selten mit einem Gefühl der Betäubung. „Alles ist mir egal“, denken wir. Wenn wir eine schlimme Nachricht erhalten, sagen wir erstmal: „Nein, das kann nicht sein!“ Wenn uns der Partner verlässt, hören wir auf einmal, wie schön die Vögel singen. Wir funktionieren wie automatisch und haben scheinbar keine Emotion. „Oh, das muss ich jetzt mit Vorsicht genießen“, denkt das Gegenüber vielleicht. „Da kommt noch was.“ Und in der Tat: Sobald die „Betäubung“ aufhört, kommt es häufig zu überwältigenden Gefühlen und überschießenden Reaktionen. (Text & Bild: © Dunja Voos)
Was kann ich dagegen tun?
Ob man etwas gegen diesen Mechanismus tun kann, ist die Frage. Der Psychoanalytiker Robert Langs (1928-2014) beschreibt dies als einen teilweise zu erwartenden Ablauf: Das emotionale System schaltet sozusagen ab und meldet sich später mit einem „Rebound“ wieder („The patient’s output may be directd to a … shut-down of derivative expressions (with a later rebound, as a rule, into strong derivative expression.“ Science, Systems and Psychoanalysis, Karnac Books 1992, S. 167). Was man aber „tun“ kann, ist, darum zu wissen und sorgsam zu sein, wenn dieser gleichgültige Zustand eintritt. Sich gut kennenzulernen und zu beobachten, ist vielleicht das Einzige, was einem übrig bleibt, aber das kann eine ganze Menge sein. Vielleicht spürt man irgendwann früher den Schmerz hinter der Betäubung und kann dann versuchen, ihn zu „halten“.
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