Wenn wir uns schlecht fühlen, dann wollen wir nur Eines: dass es uns wieder gut geht. Wir sind bereit, uns helfen zu lassen und tun alles dafür, dass es uns wieder besser geht. Es sei denn, das Schlechtgehen ist ein Schutz vor etwas noch Schlimmerem: dem Wohlgefühl als Selbstschutz. Manchmal wundern wir uns, wie wir in schwersten Zeiten relativ gut schlafen können oder warum wir manchmal so unglaublich gut aufwachen. „Dieses große Wohlgefühl beim Aufwachen, vielleicht nach einem schönen Traum, ist zwar unglaublich angenehm, aber es ist nicht gut für den Körper und den Geist. Es verschwendet Lebensenergie.“ Das sagte mir einmal ein chinesischer Mediziner. (Text & Bild: © Dunja Voos)
„Anormal“ ist das besondere Wohlgefühl, obwohl die Umstände nicht passen
Natürlich gibt es schöne Träume und gutes Aufwachen – aber dieses ganz besondere Wohlgefühl, das man sich nicht erklären kann und das eigentlich nicht zur Lebenssituation passt, kann manchmal Grund zur Sorge sein. Wenn wir an einem Marthon teilnehmen oder wenn wir auf der Flucht sind, kann es gut sein, dass unser Körper Endorphine ausstößt und wir den Schmerz in den Füßen nicht mehr spüren. Gleichzeitig sind die Endorphine ein Fluch, denn wir können uns tiefste Blasen laufen, ohne dass wir etwas spüren.
Endorphine in psychischer Not
Psychisch kann etwas sehr Ähnliches passieren: Wird die Angst oder der Schmerz zu groß, fühlen wir uns auf einmal großartig – oder sogar angenehm sexuell erregt. Wir fühlen uns wie in einer anderen Welt. „Komisch, eigentlich müsste ich mir Sorgen machen“, denken wir. Und der andere sagt: „Wie kannst Du dabei so ruhig bleiben?“ Wir sehen uns in den Abgrund laufen und genießen die Vorstellung, dass wir uns dann den anderen als Leidender präsentieren können. Wir stellen es uns wie zuckerweiche Watte vor: „Dann bekomme ich halt Hartz IV!“, „Dann bin ich eben wieder Single“, „Dann verliere ich halt mein Haus“, sagen wir. Wir sagen es in der größten Not. Aber wir fühlen uns merkwürdig eingelullt, irgendwie gut.
Die Härte der Strafe hat nur einen geringen Einfluss auf das Geschehen
Egal, wie stark die Schmerzen danach sind, egal, wie hart die Strafe ausfällt – das nächste Mal wird uns die Angst wieder in diese Wolke hüllen, wenn wir dafür anfällig sind. Oder wenn wir es gelernt haben, uns sozusagen selbst auf Droge zu setzen. Dann sind wir nahe dran an der Perversion, an der Hoffnungslosigkeit. Wir sehen es bei den Mächtigsten der Welt, welche gefühlsmäßigen Höhenflüge sie haben, während die Menschen um sie herum mit dem Kopf schütteln und sagen: „Das wird böse enden.“
Kurios
Wohlgefühl als Angstabwehr ist eines der kuriosesten Zustände überhaupt, weil man eben nicht erreichbar ist. Wer Angst hat, der will beruhigt werden. Wer sich aber wohlfühlt, der will dieses Wohlgefühl behalten und auf keinen Fall zurück in die Angst fallen. Wir kommen da nur heraus, wenn da unten ein großes Sprungtuch für uns bereit steht. Wenn wir wieder „unten“ sind und die Angst und den Schmerz erneut spüren, können wir versuchen, bewusst andere Wege zu gehen – so schwer das auch ist. Verzicht auf die Droge ist wichtig, damit es einem langfristig gut geht und die „stille Zerstörung“ aufhört.
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