
„‚Analysieren‘ ist der Ausdruck für alle Vorgänge, die das Ziel haben, die Selbstkenntnis des Patienten verbessern.“ So schreiben es die Psychoanalytiker Ralph Greenson (1911-1979) und Milton Wexler 1969 im International Journal of Psycho-Analysis. (Original: „‚Analysing‘ is a shorthand expression referring to all procedures which have the direct aim of increasing the patient’s insight about himself.“ Ralph R. Greenson and Milton Wexler (1969): The Non-Transference Relationship in the Psychoanalytic Situation. International Journal of Psycho-Analysis, 1969, 50:27-39, proquest).(Text & Bild: © Dunja Voos)
Das Maß aller Dinge in der Psychoanalyse sei die Deutung, so schreiben Greenson und Wexler weiter. Alle analytischen Vorgänge seien Schritte, die zur Deutung führen oder sie effektiv machten. Zum Analysieren gehören die Konfrontation, die Klarifizierung, die Deutung und das Durcharbeiten.
Original: „The most important measure is interpretation. All others are subordinated to it both theoretically and practically. All analytic procedures are steps which either lead to an interpretation or make an interpretation effective (E. Bibring, 1954); (Gill, 1954). Analysing usually includes four distinct procedures: confrontation, clarification, interpretation, and working through.“
Übertragunsbeziehung und reale Beziehung können sich mischen
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Psychoanalyse sind die „Übertragung und Gegenübertragung“, anhand derer sich vieles deuten lässt. Die Autoren beschreiben, wie wichtig die „Übertragungsbeziehung“ ist und wie sich der Patient dadurch kennenlernen kann. „Übertragung“ heißt, dass der Patient den Analytiker so erlebt, wie er schon andere wichtige Bezugspersonen in der Kindheeit erlebte. In der Psychoanalyse mischt sich die Übertragungsbeziehung mit der realen Beziehung. Der Analytiker muss sich selbst gut kennen, um erkennen zu können, ob der Patient etwas Reales an ihm erkennt oder ob es sich um eine Übertragung handelt.
Greenson und Wexler geben das Beispiel von einem Patienten, der etwas Reales am Analytiker entdeckt („Sie reden zu viel und übertreiben dabei.“). Gleichzeitig ist aber Übertragung im Spiel an der Stelle, an der der Patient jahrelang zögert, dies dem Analytiker mitzuteilen. Er zögerte so lange, weil er vor den Folgen Angst hatte – dies hatte er in Beziehungen erlebt, in denen er unterdrückt und erniedrigt wurde. Das Gefühl der Unterdrückung ist also die Übertraungsneurose, die neben der realen Wahrnehmung bestehen kann.
„Drumherum“ arbeiten
Manchmal ist es auch nicht möglich, direkt mit Übertragung/Gegenübertragung und Deutungen zu arbeiten. Greenson und Wexler schreiben über die Kollegin Annie Reich (1902-1971), die beschreibt, dass sie zusammen mit ihrem Patienten zuerst die Mutter „analysieren“ musste, bis der Weg frei war, um den Patienten selbst zu analysieren.
„Annie Reich’s presentation was very different. She began by stating that in patients with very weak ego functions, it may be necessary to use all sorts of supportive measures. She describes a case in which she helped break down a woman’s fixation to her mother by actively helping the patient, via the patient’s material, to analysye the mother’s behaviour and motivations and thus bring about her dethronement. Annie Reich considered this unanalytic but necessary.“
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- Verschmelzungsübertragung
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- Die Deutung (45: Wie wird man Psychoanalytiker?)
- Deutung in der Psychoanalyse
- Techniken der Psychoanalyse – alle Beiträge
- Was ist Psychoanalyse?
Links:
Milton Wexler (1908-2007)
Milton Wexler war im ersten Beruf Jurist und ließ sich erst später zum Psychoanalytiker ausbilden („Laienanalytiker“)
New York Times
Ralph Greenson (1911-1979)
Ralph Greenson ist dafür bekannt, dass er Marilyn Monroe behandelte.
Alchetron.com
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