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Aktuelle Seite: Startseite / Borderline / Projektive Identifizierung im Alltag und in der Psychoanalyse

Projektive Identifizierung im Alltag und in der Psychoanalyse

28.09.2016 von Dunja Voos 1 Kommentar

projektive_identifizierung_

Manchmal löst ein anderer ein starkes Gefühl in uns aus: Wir fühlen uns im Kontakt mit ihm hilflos, wütend, ohnmächtig oder schuldig. Kleine Kinder können uns „wütend machen“, wenn es in ihnen selbst „irgendwie“ brodelt. Ein Patient in der Psychoanalyse, dem noch die Worte für Erlebtes und innere Nöte fehlen, „macht“, dass der Therapeut sich plötzlich so (traurig, neidisch, verzweifelt, stark) fühlt, wie er sich selbst unbewusst fühlt. Wenn der andere „macht“, dass ich mich so fühle, wie er, dann spricht man von „Projektiver Identifizierung“. Der andere legt dann sein Gefühl, seine Eigenschaft oder Phantasie sozusagen in mich hinein. (Text & Bild: © Dunja Voos)

Der Therapeut identifiziert sich mit den Gefühlen des Patienten. Er fühlt sich zunächst relativ direkt schuldig, wütend, sprachlos etc. Der Therapeut merkt später jedoch: „Ich habe mich identifiziert mit dem Schuldgefühl des Patienten.“
Der Patient hingegen „identifiziert“ das Gefühl (Wut, Schuld etc.) im Therapeuten („Ah, da ist es ja! Der Therapeut ist wütend, ich hab’s doch gleich gewusst!“). Der Patient versucht dann, den Therapeuten zu steuern, ihn zu beruhigen etc. So hat der Patient das Gefühl, die Wut/Schuld oder andere Gefühle außen steuern zu können. Der Patient hat alle seine Anteile sozusagen in den Therapeuten gelegt. Er selbst hat keine Verbindung zu seinem ursprünglichen, unbewussten Gefühl.

Gefühle, Triebe und Körperempfindungen werden in den anderen hineingelegt

Wird die „Projektive Identifizierung“ in der Therapie erkannt, dann ist es dem Therapeuten möglich, zur Sprache zu bringen, was da passiert. Der Therapeut kann sich dann gut vorstellen, wie der Patient sich (unbewusst) fühlen muss oder wie er sich vielleicht als Kind immer gefühlt hat. Er kann sich dann vorstellen, was für ein Bild von Beziehung der Patient innerlich hat.

Ebenso kann die Mutter genau fühlen, wie sich das traurige oder wütende Kind fühlen muss. Projektive Identifizierung ist jedoch mehr als ein „Einfühlen“. Es ist ein persönliches Betroffensein und oft ein unbewusstes Geschehen, was nicht sofort deutlich wird. Indem der Patient seine eigenen unerträglichen Gefühle quasi in den Therapeuten legt, kann er sie dort auch kontrollieren. Dieses mächtige Gefühl, alles kontrollieren zu können, ist ihm vielleicht gar nicht unbewusst. Unbewusste Phantasien regieren das Geschehen.

Der Patient kann seine Wut auf den Therapeuten projizieren, er kann den Therapeuten „wütend machen“ und ihn dann zum Beispiel noch wütender machen oder aber wieder beruhigen oder zähmen. So jedenfalls die unbewusste Phantasie des Patienten.

Abspalten von positiven Gefühlen

Auch positive Gefühle kann man von sich abspalten und in den anderen „hineinlegen“. Beispielsweise haben manche Menschen Angst vor ihren eigenen Liebesgefühlen. Wer einen anderen liebt, der macht sich in gewisser Weise auch abhängig von ihm. Das kann Angst machen und sogar Hassgefühle hervorrufen, weil man die eigene Abhängigkeit hasst oder den anderen dafür hasst, dass er Abhängigkeitsgefühle hervorruft. Also verleugnen manche Menschen ihre Liebe, sie spalten sie von sich selbst ab und legen sie quasi in den anderen hinein. So passiert es, dass manche Menschen sagen: „Immer verlieben sich die anderen in mich, aber ich verliebe mich nicht in sie.“

Die Projektive Identifizierung ist wichtiger Teil der normalen Kindesentwicklung. Auch bei Erwachsenen kann sie ein Teil der gesunden Kommunikation sein. Sie kann jedoch auch krankhaft als Abwehr eingesetzt werden. Dann fühlt sie sich meistens unangenehm, zerstörerisch, verwirrend und quälend an. „Hier stimmt was nicht“, denkt man sich.

Sprachlosigkeit führt zum Handeln

Wenn Worte fehlen, weil Entwicklungsverzögerungen oder Verletzungen zur Sprachlosigkeit geführt haben, dann handelt der Patient unbewusst richtig, wenn er sich auf diese Weise dem Therapeuten mitteilt. Er zeigt ja dem Therapeuten unbewusst: „Schau mal, so geht’s mir.“ Wofür uns die Worte fehlen, damit machen wir etwas, damit spielen wir. Zunächst bedeutet dieser Schritt für die Psyche Entlastung. Wohl jeder kennt das: Wenn wir Unangenehmes abgeben, fühlen wir uns zunächst gestärkt („Der andere ist ja schuld, ich kann Gott sei dank nichts dafür“).

Projektion schwächt. Wenn ich projiziere, kommt eine Schwächung zustande, weil eigene Gefühle beim anderen untergebracht werden. Das, was man unbewusst in den anderen hineinlegt, fehlt dann bei einem selbst. Das kann dazu führen, dass man sich verfolgt fühlt. Man hat Angst, dass die eigenen Gefühle zurückkommen oder bewusst werden.

Schwer zu erkennen

Für den Therapeuten ist es nicht immer leicht, projektive Identifizierung zu erkennen, denn sie nimmt den Therapeuten ganz ein. Es wird ihm plötzlich übel oder er wird plötzlich ganz und gar ärgerlich, ohne es sich erklären zu können. Hat der Therapeut erkannt, dass es Anteile des Patienten sind, die er in sich spürt, dann kann er dem Patienten die Gefühle zurückgeben, sobald er eine Idee davon hat, worum es gehen könnte. Dadurch kann sich der Patient besser kennenlernen. Er kann dann seine Gefühle oder Eigenschaften zunehmend bei sich selbst lassen und kontrollieren. Das stärkt. Zwar sind Neid, Eifersucht, Ärger oder Verzweiflung unangenehm, aber immerhin sind es die eigenen Gefühle. Und das macht ein gutes Gefühl.

Beispiel von projektiver Identifizierung aus dem Alltag:
„Komisch, alle sind gegen meinen Entschluss, die Schule zu verlassen. Jeder redet mir da ins Gewissen und keiner kann sich mit mir freuen.“ Das ist ein typisches Beispiel dafür, wie eigene Zweifel ausgelagert werden. Manchmal muss das so sein, damit man die Zweifel überhaupt erkennen kann. Man erkennt sie außen und merkt dann irgendwann, dass die anderen die Zweifel widerspiegeln, die man eigentlich auch selbst hat, aber nicht wahrhaben will.

Alle Anteile des Ichs können projiziert werden
Der Begriff „Projektive Identifizierung“ wurde 1946 von Melanie Klein eingeführt (Quelle: Danielle Quinodoz: Worte, die berühren. Brandes & Apsel 2002, S. 126).
Die Psychoanalytikerin Hanna Segal sagte: „Bei projektiver Identifizierung wird nicht nur einfach der Trieb in der Phantasie auf das Objekt projiziert, sondern [es werden] auch Anteile des Ichs (Selbst) [projiziert], zum Beispiel der Mund oder der Penis des Babys, die Produkte des Körpers wie Urin oder Exkremente.“ (Zitat gefunden bei Quinodoz, S. 121, Segal 1979, S. 111).

Was ist der Unterschied zwischen Projektion und Projektiver Identifizierung?

Beides geht oft ineinander über. Projektion heißt, dass ich im anderen Gefühle sehe, die eigentlich meine sind, die ich aber nicht fühlen möchte. Beispiel: „Du bist sauer, ich nicht!“ Wir haften dem anderen sozusagen etwas außen an. Dabei muss sich der andere aber nicht so fühlen. Der andere fühlt sich gar nicht sauer. Die Projektion findet in der Phantasie des Patienten/des Kindes/des „Subjektes“ statt. Er erlebt den anderen zwar als wütend, ablehnend, schuldbewusst, aber der andere fühlt sich selbst gar nicht so.

Bei der Projektiven Identifizierung geht es eine Schicht tiefer, da legen wir etwas in den anderen hinein. Sind wir ärgerlich oder neidisch und spüren das nicht oder wollen es unbewusst „weg“ haben, dann können wir den anderen so provozieren, dass der sich tatsächlich ärgerlich und neidisch fühlt. Da spielt sich also dann nicht nur in der Phantasie einer Person etwas ab, sondern durch projektive Identifizierung verändert sich der andere tatsächlich.

Wie sehr besteht die Verbindung zum eigenen Gefühl?

Wer seinen Ärger/seinen Rassismus/seinen Neid/seine Freude unbewusst auf den anderen projiziert, der denkt und fühlt: „Der andere ist wütend/rassistisch etc.“ Derjenige, der projiziert, fühlt oft nichts mehr von seinem Ursprungsgefühl. Die eigene Wut ist „weg“ – sie wird nur im anderen gesehen/erkannt. Der „Empfänger“ der Projektion spürt nichts von dem projizierten Gefühl: Das heißt, er fühlt sich nicht wütend oder neidisch, obwohl der Sender den Empfänger so sieht. Es spielt sich alles in den Vorstellungen des Senders ab.

Bei der Projektiven Identifizierung fühlt sich der Sender entweder gar nicht oder irgendwie doch noch verbunden mit dem ursprünglichen Gefühl. Er hat den anderen „wütend gemacht“ und ist irgendwie noch in Kontakt mit der Wut – er „macht“ etwas mit dieser Wut, er versucht, sie (im anderen) zu steuern. Der andere spürt, dass sich seine Gefühle tatsächlich verändert haben. Hier findet eine Kommunikation von Unbewusst zu Unbewusst statt. (Literatur hierzu: Ogden, Thomas H. (1982): Projective Identification and Psychotherapeutic Technique. New York/London: Jason Aronson, heute Rowman&Littlefield)

Kernberg: „Projective identification … assures the capacity of empathy under conditions of hatred …“ („Projektive Identifizierung stellt die Fähigkeit zur Empathie sicher, wenn Hass besteht.“) (Kernberg, 1987, S. 100, in: Grotstein: A Beam of Intense Darkness, Karnac Books 2007, S. 177)

Empathie
Die Empathie ist eine wohlwollende Form der projektiven Identifizierung, … die uns in unseren alltäglichen Beziehungen begleitet. Sie entspricht dem Ausdruck, ’sich in die Haut des anderen versetzen‘, und dem umgekehrten Vorgang, ‚einen Anteil von sich selbst in den anderen verlegen …‘.“
(Danielle Quinodoz: Worte, die berühren, Brandes & Apsel 2002, S. 127)

Verwandte Artikel in diesem Blog:

  • Projektive Transidentifizierung
  • Evokative projektive Identifikation

Links/Literatur:

Grotstein, James (2007):
A Beam Of Intense Darkness
Karnac Books 2007
S. 168-190: Projective transidentification: an extension of the concept of projective identification

Kernberg, Otto (1987):
Projection and projective identification:
Developmental and clinical aspects.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3693786
In: J. Sandler (Hrsg.):
Projection, Identification and Projective Identification.
S. 92-116, Madison, CT, International Universities Press, 1987.

Elisabeth Spillius and Edna O’Shaughnessy:
Projective Identification
The Fate of a Concept
http://www.melanie-klein-trust.org.uk/changes.htm

Robert T. Waska:
Hate, Projective Identification, and the Psychotherapist’s Struggle
J Psychother Pract Res 9:33-38, January 2000

Dieser Beitrag wurde erstmals verfasst am 31.5.2012
Aktualisiert am 26.01.2018

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Kategorie: Borderline, Glossar Psychoanalyse, Kinder, Psychoanalyse Stichworte: Borderline, GlossarPsychoanalyse, Psychoanalyse

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Kommentare

  1. Christian meint

    19.08.2014 um 0:14

    Guten Abend, Morgen, Mittag.

    fūr ihre Interessanten, aufschlussreichen Berichte möchte Mensche sich bedanken.
    Natūrlich rein objektiv betrachtet:)
    Gott sei dank gibt es Menschen, die im begrenzten Raum mit begrenzter Zeit
    sich dem Menschen zu wenden. Sich sich selbst spūren lassen.

    Ein schizoid, auf sich selbst zurūck geworfener Mensch.

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