Professor Klaus Grawe (1943-2005) war ein Psychotherapieforscher, der mit einer Studie im Jahr 1994 „bewies“, dass die Psychoanalyse nicht so wirksam sei wie die Verhaltenstherapie. Diese Studie hat für viel Aufregung gesorgt.
Man bangte um den Fortbestand der Langzeittherapie
Klaus Grawe schuf mit seinen Studienergebnissen ein besonderes Problem: Damals unterstützte er die Bundesregierung bei der Erarbeitung des Psychotherapeutengesetzes. Aufgrund seiner Studienergebnisse plädierte er für Kurzzeittherapien und Verhaltenstherapien, während er die längeren psychoanalytischen Therapien nicht für sinnvoll hielt.
Das heißt: Die gesetzlichen Krankenkassen hätten dann möglicherweise nur noch Kurzzeit- und Verhaltenstherapien bezahlt. Zum Glück kam es anders. Heute gibt es zahlreiche kritische Anmerkungen zu Grawes Studien. Psychoanalytiker wie z.B. Wolfgang Mertens oder Falk Leichsenring betonen, dass die Studien, die Grawe in seine Metaanalyse einbezog, teilweise von schlechter Qualität waren.
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Links:
Grawe K, Donati R, Bernauer F:
Psychotherapie im Wandel: von der Konfession zur Profession
Verlag Hogrefe, Göttingen 1994
Frank Gerbert:
Das Imperium schlägt zurück
Focus Online Psychologie, Nr. 39, 1994
Grawe-Kritisches:
Tschuschke Volker, Bänninger-Huber Eva, Faller H, Fikentscher E, Fischer G,
Frohburg I, Hager W, Schiffler A, Lamprecht F, Leichsenring F,
Leuzinger-Bohleber M, Rudolph G, Kächele H.:
Psychotherapy research – how it should (not) be done.
An expert reanalysis of comparative studies by Grawe et al. (1994)
Psychother Psychosom Med Psychol. 1998 Nov; 48(11): 430-444
Wolgang Mertens:
Psychoanalyse auf dem Prüfstand?
Eine Erwiderung auf die Meta-Analyse von Klaus Grawe.
Quintessenz Verlag GmbH
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 19.6.2010
Aktualisiert am 6.4.2015
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