Mit „Position“ bezeichnen Psychoanalytiker einen bestimmten psychischen Zustand. Die Psychoanalytikerin Melanie Klein hat die Begriffe „depressive“ und „paranoid-schizoide Position“ geprägt. Damit sind psychische Zustände gemeint, die immer wieder auftauchen, sich mal abwechseln und mal ergänzen. Klein verwendete den Begriff „Position“, um deutlich zu machen, dass es sich nicht (nur) um Entwicklungsstadien handelte, die beim Säugling/Kleinkind nacheinander auftauchen, sondern eben um lebenslange „Positionen“, in denen wir uns immer wieder befinden.
Mit und ohne Abstand
Die „depressive Position“ bedeutet dabei einen Zustand, in dem wir uns vom anderen getrennt erleben, die Situation realistisch einschätzen können, Schuld und Sorge empfinden können und ähnliches. In der „paranoid-schizoiden Position“ fühlen wir uns vom anderen verfolgt, aber wir fühlen uns ihm gleichzeitig auch ganz nah – wir sehen den anderen nicht, sondern fühlen uns mit ihm verschmolzen. Wir sind dem anderen so nah wie ein Baby der Mutter, wenn sich Mutter und Kind noch in der Symbiose befinden. Wir „benutzen“ den anderen, um unsere Gefühle in ihn hineinzulegen („Du bist ja wütend, nicht ich!“), aber weil wir irgendwie merken, dass es unsere eigenen Gefühle sind, fühlen wir uns verfolgt – der andere könnte uns zeigen, dass wir es selbst sind, die wütend sind.
Wir merken nicht, dass wir beim anderen etwas bewirken
Schuld können wir in diesem Zustand, der paranoid-schizoiden Position, nicht empfinden – wir fühlen uns eher selbst verletzt und angegriffen. Wir sorgen uns auch nicht um den anderen, weil er quasi gar nicht da ist. Wir kreisen nur um uns selbst und sind somit „schizoid“. Dabei fühlen wir uns unter Umständen allmächtig – der andere hat dann keine Macht mehr über uns und wir können somit unsere Ohnmachtsängste verleegnen.
Die autistisch-berührende Position
Der Psychoanalytiker Thomas Ogden prägte den Begriff „autistisch-berührende Position“ (autistic-contiguous position). Diese Position ist noch ursprünglicher als die paranoid-schizoide und die depressive Position. Es ist eine Position, in der wir uns selbst erfahren. Über die Haut erfährt der Säugling Kontinuität und spürt, wer er selbst ist. Über die Haut erfahren wir die Grenze zwischen uns und der Mutter, aber auch die Nähe zu ihr. Und wir erfahren etwas über unsere „Umwelt-Mutter“, also quasi über das Nestchen, in dem wir liegen. Unsere Sinne sind dabei unerlässlich. Wir nehmen Weiches und Hartes wahr sowie Formen und Objekte. Wer Autisten beobachtet, kann sehen, wie intensiv sie mit (leblosen) Objekten befasst sind, wie wichtig ihnen die Qualitäten „weich“ und „hart“ sind wie sie die verschiedenen Formen untersuchen (Fenster, Türen, Ecken, Kanten). Auch diese autistisch-berührende Position ist eine Position, die uns ständig begleitet.
Literatur:
Das intersubjektive Subjekt der Psychoanalyse bei Klein und Winnicott
Thomas H. Ogden
(2009). Jahrbuch der Psychoanalyse, 58:139-168
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