Für das „Selbst“ gibt es viele Definitionen. Der Psychoanalytiker Siegfried Elhardt schreibt in seinem Buch „Tiefenpsychologie“ (Kohlhammer Stuttgart 2001: 35), dass der Begriff des „Selbst“ eingeführt wurde, um damit die Gesamtperson und ihr Erleben zu bezeichnen. Normalerweise werde im allgemeinen Sprachgebrauch dafür das Wort „Ich“ benutzt. Doch in der psychoanalytischen Theorie ist damit meistens die „Instanz Ich“ aus Sigmund Freuds Modell von Es, Ich und Über-Ich gemeint.
Vorstellungen lassen das Selbst entstehen
Der Arzt und Psychoanalytiker Heinz Kohut (1913–1981), Begründer der Selbstpsychologie, sah das Selbst als Zentrum des Erlebens und Handelns. Er ging davon aus, dass die Vorstellungen (Selbst- und Objektrepräsentanzen) unser Selbst prägen.
Auch der Soziologe Heinz Hartmann beschreibt das Selbst als bestehend aus den Vorstellungen, die wir über uns als Person, unsere Beziehungen und über die Welt haben. Dieses Selbst ist nach Hartmann ein Teil des Ichs.
Jung: Alle psychischen Vorgänge sind das Selbst
Der Psychoanalytiker Carl Gustav Jung (1875–1961) bezeichnete die Gesamtheit aller psychischen Vorgänge als das Selbst.
Ich selbst
Wenn wir über uns selbst sprechen, dann sagen wir zum Beispiel: „Ich kenne mich selbst ganz gut.“ Der amerikanische Psychologe William James (1842–1910) untersuchte diesen Unterschied zwischen „I and Me“ – zwischen „Ich“, dem Selbst als Subjekt, und „Mich“, dem Selbst als Objekt.
Das Selbst entsteht sehr früh
So etwas wie ein „Selbst“ taucht das erste Mal im Säugling auf, sobald er bemerkt, dass er der Urheber eines Geschehens ist. Wenn er feststellt, dass sich ein Spielzeug bewegt oder dass es raschelt, wenn er seinen Kopf oder seine Hände einsetzt, dann freut er sich an sich selbst.
Wie wir uns selbst sehen, hängt eng damit zusammen, wie andere – vor allem die Eltern – mit uns umgehen und wie wir uns das Verhalten der anderen erklären. Diesen Zusammenhang betonte bereits Charles Horton Cooley (1864–1929), einer der Pioniere der Psychologie des Selbst.
Literatur:
Michael Ermann:
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Ein Lehrbuch auf psychoanalytischer Grundlage
Kohlhammer Stuttgart 2004: 35
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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 4.8.2007
Aktualisiert am 16.2.2014
Paul Leiter meint
Ich bin mein Himmel und meine Hölle.
Friedrich Schiller, Die Räuber
Künste und Wissenschaften beschäftigen sich seit Menschengedenken mit dem Selbst – irgendwie erstaunlich und doch völlig selbstverständlich. Ich finde Ihren Artikel sehr gut – kurz und prägnant.
_ Dr.Bergler
Julian Kreutz meint
Hallo Frau Voos,
komplizierte Sachverhalte sehr verständlich und anschaulich erklärt, vielen Dank dafür :-)