Dieses Gebäude ruft alle Schrecken in mir wieder wach. Der Dunst schlägt mir schon am Eingang entgegen. Im Gebäude der sogenannten Liebe, der Beziehung, der Familie, der Ausbildung, der „festen Stelle“ ist es sehr dunkel. Und stickig. Es riecht sehr schlecht. „Reiß‘ Dich zusammen und geh da rein; heute ist es ganz anders!“, sagt eine Stimme in mir. Ich fühle das Schweigen, die unbarmherzige Mauer, das Festgehalten-, Alleingelassen- und Ausgestoßen-Werden. Überall diese Hände. Diese Blicke. Das Gequält- und Gezwungenwerden ist so nah. Ich will da nicht rein. Weiterlesen
„Ich dachte, ich muss in die Notaufnahme oder mich umbringen“, erzählt eine Frau, die an der Angst vor dem ewigen Leben leidet. Der Autor Bobby Azarian leide unter dieser Apeirophobie seit er vier Jahre alt war – als seine Mutter ihm nach dem Versterben des Opas erzählte, dass er nun fröhlich im Himmel weiterlebe (The Atlantic, 1.9.2016). Manche Menschen bekommen diese Angst mit Psychotherapie, Psychoanalyse und/oder Medikamenten in den Griff, aber viele haben bisher keinen Weg gefunden, um diesen „existenziellen Terror“ zu lindern (Azarian, 2016). Weiterlesen
Psychische Verletzungen gehören zum Leben und lassen sich nicht vermeiden. Manche Verletzungen sind sehr schwer, andere fallen weniger ins Gewicht. Wenn jedoch schwere, vielleicht immer wiederkehrende psychische und körperliche Angriffe in einem Alter stattfinden, in dem ein Mensch noch nicht sprechen kann, sind auch die Folgen oft besonders schwer und hartnäckig. Wenn du selbst betroffen bist, leidest du vielleicht unter den verschiedensten körperlichen und psychischen Symptomen, die sich nicht so leicht erklären lassen. Weiterlesen
Wie lange muss ich auf sicherem Boden leben, damit ich mich sicher fühle, wenn ich aus einem Erdbebengebiet komme? Wie lange muss ich mit gesunden Menschen zusammen sein, damit ich mich sicher fühle, wenn ich die Angriffe meiner Mutter überlebt habe? Wie lange muss ich in Frieden leben, bis ich mich sicher fühle, wenn ich im Bombenhagel groß wurde? Ist die Frage nach dem „wie lange?“ überhaupt richtig? So schön wäre es, könnte die Frage anders lauten, könnte ein erleichterndes Wort schneller helfen. Es dauert lange. Sehr, sehr lange. Irgendwann lässt sich die Entwicklung spüren: Du kannst dich stückweise mehr entspannen, etwas mehr vertrauen, dich etwas sicherer fühlen. Es dauert lange. Sehr, sehr lange. Weiterlesen
Unvereinbar. Die Mutter, sie möchte helfen und Schlimmeres verhindern, doch sie übt Gewalt aus. Sie quetscht das Kind in der Vojta-Behandlung. Diese Brüste über dem Kind! Viel zu früh wird es gezwungen, Widerstand zu leisten, ein Ich zu entwickeln, sexuelle Erregung zu empfinden. Immerhin: Das Schreien wirkt fast wie ein Schmerzmittel. Die Mutter, die selten zärtlich sein kann, ist die Angreiferin. Sie spricht dem Kind tröstlich zu. Nun ist es vollends verwirrt. Liebe, Gewalt, Erregung – so vermischt, dass es nicht zu verarbeiten ist. Diese Gefühl, etwas nicht verarbeiten zu können, etwas nicht genießen oder annehmen zu können, jemandem nicht angstfrei begegnen zu können, eine unaushaltbare Ambivalenz zu verpüren, lässt das Kind nie mehr los. Weiterlesen