Übergewicht: Woran soll ich mich halten, wenn ich abnehmen will?
Du kannst die kunstvollsten Anstrengungen unternehmen, wenn Du abnehmen willst, doch die Grundprinzipien bleiben dieselben. An erster Stelle steht ausreichend Schlaf. Wer im Nachtdienst arbeitet, hat oft naturgemäß Probleme mit dem Gewicht. Wenn wir müde sind und keine Gelegenheit zum Schlafen haben, ziehen wir unsere Energie aus dem Essen – Müdigkeit lässt dich zum Essen greifen. Schlaf ist genau wie Essen, Atmen und frische Luft eine Energiequelle. Wenn du erschöpft bist, bist du vielleicht auch zu müde zum Sport. Manchmal ist der erste Ansatz der Ernährungs- bzw. Gewohnheitsumstellung, die Erschöpfung zu lindern, damit du bereit werden kannst für Bewegung und gesündere Ernährung.
Vielleicht könnten diese Fragen wichtig sein: In welchen Lebenssituationen verändert sich mein Gewicht? Umzüge, Trennungen, Familiennzuwachs, Duldungsstress und Erkrankungen lassen uns zu- oder abnehmen. Wie sähe ich aus, wenn ich schlank wäre – würde ich meiner Mutter mehr ähneln? Was würde ich befürchten, wenn ich dünner wäre? Wie männlich oder weiblich würde ich mich mit einem anderen Gewicht fühlen? Was fühle ich, wenn ich an mir herunterschaue – wenn ich schlanker oder übergewichtiger bin? Kann ich meinen Körper spüren? Bin ich mir mein eigener Schoß?
Das Essen muss schmecken
Wenn du deine Ernährung umstellst, ist es wichtig, dass dir dein Essen weiterhin schmeckt. Du brauchst genügend Fette, Süsse und Gewürze, damit du nicht das Gefühl bekommst, du müsstest noch mehr essen, um endlich zufrieden zu sein. Wenn etwas nicht gut schmeckt, neigen wir dazu, immer noch einen Bissen mehr zu nehmen, in der Hoffnung, doch noch eine leckere Stelle zu finden. Auch das Gefühl, der Vollständigkeit halber etwas aufzuessen, kann uns dazu verleiten, mehr zu essen als wir eigentlich wollen.
Alles, was Energie gibt, ist hilfreich bei der Ernährungsumstellung. Dazu gehört auch die richtige Temperatur. Wenn du vom langen Stillsitzen am Schreibtisch frierst, kann eine Wärmflasche gut tun. In der Hitze des Sommers hingegen müssen wir manchmal kreativ werden, um die lähmende Hitze zu lindern.
„Eine Schale pro Mahlzeit reicht aus“, sagen ayurvedische Mediziner. Sie raten dazu, bei einem Sättigungsgefühl von 80 Prozent mit dem Essen aufzuhören. Das kann jedoch auch irgendwann zu dem Wunsch führen, sich einmal richtig satt zu essen und sich damit zu über-essen. Wegschmeißen tut ebenso weh wie das Gefühl, nicht genug bekommen zu haben. Versuche, herauszufinden, wieviel genau du für dich kochen musst, damit es gut portioniert ist.
Morgens wie ein König …
„Morgens wie ein König, mittags wie ein Kaiser, abends wie ein Bettler“, sagten unsere Großeltern noch. Wenn es in dein Leben passt und deinem Biorhythmus entspricht, ist es gut, wenn du es dir so einrichtest. Mit den heisseren Sommern wird es jedoch auch in unseren Breitengraden mehr zur Gewohnheit, mittags nur einen Snack und abends warm zu essen. Auch in südlichen Ländern wird abends oder spätabends gegessen, ohne dass die Menschen dicker wären als hier.
In der Langsamkeit liegt die Kraft. Eine Ernährungsumstellung braucht viel Zeit. Überfordere dich nicht. Wenn du zukünftig Mandeln essen willst statt Schokolade, klappt das oft besser, wenn du eine Zeitlang Mandeln hinzufügst, aber noch Schokolade isst. Hinzufügen ist am Anfang der Ernährungsumstellung oft besser als „Weglassen“, weil man so nichts vermisst und trotzdem neue Gewohnheiten einführt.
Mehr Bewegung kann anfangs zu mehr Gewicht führen
„Hilfe! Trotz Sport und Ernährungsumstellung nehme ich zu!“ Nicht entmutigen lassen. Viele nehmen bei mehr Bewegung zunächst einmal zu. Die Umstellungen dauern sehr, sehr lange, wenn sie nicht im Jojo-Effekt enden sollen – oft sogar mehrere Jahre. Wichtig ist es, selbst zu kochen und die Speisen so natürlich wie möglich zu halten. Wer morgens Brötchen mag, wird vielleicht gerne Brötchen aus der Packung in den Ofen schieben. Vielleicht schaffst du es ja hin und wieder, zum Bäcker zu laufen oder die Brötchen ganz selbst zu backen. So hast du dich schon mit dem Essen beschäftigt, ohne zu essen.
Dasselbe mit Nachtischen: Schnell ist der Pudding aufgemacht, doch besser ist es, ihn zu kochen, weil hier die Sinne angeregt werden und man die „Energie ins Essen steckt“, wie die Chinesen sagen. Auch ein leckerer Nachtisch wie Tiramisu ist schnell gemacht (Löffelbiskuits mit dem restlichen Espresso von morgens übergießen, ein Eigelb, Zucker, Rum und etwas Mascarpone zusammenrühren, auf die Biskuits streichen und echtes Kakaopulver darüber streuseln). Man kann sich dann darauf freuen. Dasselbe gilt für den Kuchen am Nachmittag: Man darf sich darauf freuen, es ist Kultur, vielleicht Gewohnheit von Kindes Beinen an. Aber man kann den Kuchen vielleicht selbst backen oder nochmal zum Bäcker spazieren.
Das sind natürlich Idealvorstellungen, die im Alltag oft nicht umsetzbar sind. Doch auch wenig davon in Zeiten in denen es geht, hilft – wie zum Beispiel auch Intervallfasten. Viele kommen gut damit zurecht, abends ab 18 Uhr nichts mehr zu essen, damit das Verdauungssystem mindestens 12 Stunden Ruhe hat.
Kreative Arbeit hält schlank. Wer kreativ arbeitet, dem ist nicht langweilig und er ist zufriedener mit dem, was er geschaffen hat. Man hat dann weniger das Gefühl, sich etwas zuführen zu müssen.
Besonders hüftfreudig sind Fett-Zucker-Kombinationen. Wenn du gerne heissen Kakao trinkst, dann kannst du dich vielleicht an echten Kakao ohne Zucker gewöhnen. Dein Geschmack wird sich mit der neuen Ernährung umstellen.
Feste Zeiten helfen
Feste Zeiten helfen beim Abnehmen – Heißhungerattacken können so vermieden werden. Frühstück um 7, zweites Frühstück um 10, Mittagessen um 12 Uhr, Kaffeetrinken um 15-16 Uhr und Abendessen um 18 Uhr könnten solche feste Zeiten sein. Schwierig sind langweilige Arbeiten am Schreibtisch oder lange, berufliche Autofahrten mit Stehen im Stau. Das ruft unweigerlich das Gefühl hervor, dass wir etwas zu uns nehmen wollen/müssen. Dieser Trieb kann so stark werden, dass uns alles andere egal wird.
Die liebevoll zugeschnittenen Möhrchen helfen nur bedingt. Hunger kann sich durch einen Ortswechsel oder eine praktische Tätigkeit an der frischen Luft (Gartenarbeit? Autoputze ) wieder legen. Auch grundsätzliche Überlegungen können helfen: Ist dieser Beruf/dieser Arbeitsplatz noch gut für mich? Oder esse ich, weil ich es einfach nicht mehr aushalte? Das Gefühl, „zu kurz zu kommen“, führt oft zum Essen. Das Gefühl, „satt und zufrieden“ zu sein, kann man auf vielen Ebenen erreichen, besonders aber auch auf der körperlichen Ebene, wenn man Sinnliches erlebt – z.B. barfuß durch Schnee oder nasses Gras läuft.
Erst Neues hinzufügen, nicht direkt etwas weglassen
Wer seine Ernährung umstellen möchte, lässt am besten zuerst alles, wie es ist. Viele, die abnehmen möchten, lassen gleich zu Beginn einer Diät gewohnte Nahrungsmittel weg. Das ist jedoch problematisch, weil der Körper sich nur ungern von dem trennt, was er kennt. Soll die Ernährungsumstellung dauerhaft sein, sollte man anfangs nur etwas hinzufügen und nichts wegnehmen. Das heißt: Ernähre dich wie bisher, aber achte darauf, Dir zusätzlich zum Knabbern rohes Gemüse mit ins Auto oder an den Schreibtisch zu nehmen.
Gesunde Ernährung ist besonders am Anfang oft anstrengend und gewöhnungsbedürftig. Da müssen Äpfel und Kartoffeln geschält, Nüsse gekauft und Tees gekocht werden. Damit man das durchhält, ist es wichtig, das Neue langsam zur Gewohnheit werden zu lassen. Ganz langsam wirst du spüren, wie manche bisherige Nahrungsmittel dir die Kraft rauben und welche dir Energie geben – auch im Verlauf: gerade Zucker-haltiges scheint zuerst Kraft zu geben und die Stimmung zu heben, doch der „Breakdown“ folgt einige Stunden oder einen Tag später. Solche Wellenbewegungen mitzubekommen, hilft, sich mit der Zeit zu stabilisieren.
Wer fit werden möchte, sollte nach dem guten Gefühl suchen. Mit dem Laufen kann man langsam beginnen, mit einer hohen Schrittfrequenz. Egal, wie langsam du läufst oder wie ungewohnt es aussehen mag: ein Gefühl der Leichtigkeit ist das Ziel. Daran erinnern wir uns und dieses Gefühl ist es, das uns zum nächsten Schritt am nächsten Tag motiviert.
Dieses Gefühl der Leichtigkeit kann sich überall einstellen, wenn man nur langsam und vorsichtig genug vorgeht. Statt gewaltsamen Stretchings sind vorsichtige Dehnübungen besser. Dabei ist es nicht das Ziel, im Stehen die Hände auf den Boden zu bekommen. Sondern das Ziel ist es, die Position zu finden, die ein angenehmes Gefühl auslöst. Wenn man dann am Schreibtisch sitzt und an Sport denkt, kommt nicht der Gedanke: „Oh nein!“, sondern der Gedanke: „Ich möchte mich wieder in dieses Gefühl begeben.“
Die eigene Figur hängt eng mit den Beziehungen zusammen: Viele magersüchte Mädchen haben oft die „Disziplin“ zum Hungern, weil sie so verzweifelt sind. Die selbst auferlegte Diät ist ein Kampf um Trennung und Selbstständigkeit. Insbesondere die Beziehung zur Mutter spielt bei der Magersuche anscheinend eine wichtige Rolle. Im Hunger wird zudem verstärkt das Hormon Ghrelin gebildet, das antidepressiv wirkt und Ängste lindern. In anderen Beziehungen hingegen kann man leicht übergewichtig werden: Junge Mütter, die sich alleine um die Kinder kümmern, nehmen oft ungeheuer zu. Es fehlt ihnen selbst an Bemutterung, Unterstützung, Erholung und Schlaf. Damit sie Kraft für ihr Baby haben, greifen sie notgedrungen auf die Energiequelle „Essen“ zurück.
Beziehungen verändern den Stoffwechsel
Dickwerden hat sehr oft mit geringem Körpergefühl und emotionalem Mangel zu tun. Kleine Kinder werden normalerweise nicht dick – ihr Bewegungsdrang ist riesig, sie werden „bemuttert“ und haben noch ein gutes Gespür für Hunger und Sattsein. Es werden jedoch die Kinder dick, deren Eltern wortwörtlich belastet sind – wenn Eltern voller Kummer, Sorgen und (Geld-)Mangel sind, können sie ihre Kinder nur schwer emotional nähren. Sie haben kein Interesse für ihre Kinder, weil sie depressiv sind und selbst nicht auf befriedigende Beziehungen zurückgreifen können. All das macht dick.
Depressionen und Gewicht hängen zusammen – manche verlieren in der Depression an Gewicht, andere nehmen zu („Kummerspeck“). Der Stoffwechsel verlangsamt sich bei der Depression und er wird hochgefahren bei einer Angststörung oder Panikattacke. Wie die Nahrung verwertet wird, hängt sehr stark von unserem Gemütszustand ab. Auch der Appetit verändert sich: Bei Mangelgefühlen entsteht oft Hunger auf Ungesundes oder Fettes. Wenn es uns gut geht und draußen bei 30 Grad die Sonne scheint, freuen wir uns auch über einen Apfel. Im Winter aber, besonders bei Einsamkeit, muss der heiße Kakao her, damit uns etwas wärmt.
Beim Thema „Ernährung“ reicht es nie, auf den einzelnen Menschen zu schauen. Man muss immer fragen: In welchen Beziehungen lebt er? Wie wurde dieser Mensch groß, welche Arbeit hat er, wieviel Schlaf bekommt er, hat er genug Geld, ist er einsam? „Disziplin“ hat man, wenn man weiß, wofür man etwas tut, aber besonders auch, wenn man weiß, für wen man etwas tut. Wer in guten Beziehungen lebt, der möchte auch gut für sich selbst sorgen, er möchte attraktiv und gesund für sich selbst und für den anderen sein.
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Dieser Beitrag erschien erstmals am 19.4.2017
Aktualisiert am 26.1.2025