Heutzutage kämen die Themen „Schuld, Überich und Selbstbestrafung“ nicht stark genug in der Psychoanalyse vor, höre ich manchmal. Der kanadische Psychoanalytiker Donald L. Carveth hat zu diesem Thema einen Beitrag veröffentlicht: „Self-Punishment as Guilt Evasion: The Case of Harry Guntrip“ (Canadian Journal of Psychoanalyis, 15,1, 2007, PDF), zu deutsch: „Selbstbestrafung als Flucht vor der Schuld: Der Fall Harry Guntrip.“ Hier beschreibt Carveth, wie der Psychoanalytiker Harry Guntrip, der seine Lehranalysen bei Ronald Fairbairn und Donald Winnicott gemacht hat, seine Analyse nicht zu Ende gedacht habe und auf einer Art paranoid-schizoider Position stehengeblieben sei. Weiterlesen
„Ich wache nachts öfter auf, bekomme Herzrasen und dann eine furchtbare Panikattacke.“ Viele Menschen mit Angststörungen kennen plötzliche Panikattacken in der Nacht. Es gibt viele Erklärungen: zu schwere Kost am Abend, vorbewusste Gedanken im Halbschlaf, beängstigende Träume, sexuelle Konflikte, körperliche Ursachen wie Schilddrüsenfunktion, Medikamente oder Unterzuckerung werden häufig genannt. Doch was kaum berücksichtigt wird ist die Frage nach der Körperhaltung. Weiterlesen
Ich habe allen Grund zur Wut. Hass und Zerstörungswut sind immer nah. Ich sehe jeden Tag, wie gut es den anderen geht. Gut und immer besser. Sie haben Familie, sie kommen weiter, sie haben Geld. Sie gehören zusammen. Ich stehe draußen. Und will reinkommen. Doch immer wieder möchte ich im Zusammensein mit den anderen hinausschreien: „Es ist so ungerecht! Es geht mir so schlecht! Ich kämpfe täglich um’s innere Überleben. Und ihr macht einfach weiter!“ Jede kleine Ungerechtigkeit schneidet tief in mein Herz. Meine Sehnsucht wird immer größer, ich kann so vieles nicht haben, was für andere selbstverständlich ist. Doch an diesem Abzweig muss ich aufpassen: Ich werde immer fieser, immer bedürftiger. Jetzt muss ich alle Kraft aufwenden, um eben diesen Emotions-Berg zu überwinden. Weiterlesen
Man möchte nie mehr zurück in die Festanstellung. Heiraten schon mal gar nicht. Wohnen geht nur im Erdegeschoss und auf dem Land im eigenen Land. Der Aufzug könnte einen bequem nach oben fahren, aber da man nicht eingeschlossen sein will, entscheidet man sich für die Treppe. Aber eigentlich entscheidet man sich nicht. Eigentlich lenkt die Angst und lässt einem keine freie Wahl. Irgendwann ist man eingeschlossen. In seiner Freiheit. Ausgeschlossen vom Leben. Und dann entscheidet man sich doch: Gegen die Angst und für das zeitweilige Eingesperrtsein. Und man merkt: Das Eine geht ohne das Andere nicht. Man kann nur frei atmen, weil die Lungen von festen Rippen gehalten werden. Wirklich frei ist man erst, wenn man die zeitweise und gelegentliche Unfreiheit als Stütze der Freiheit erkennt. Weiterlesen
Der Vater hat zu viel getrunken, die Mutter schreit. Das Kind versteht die Welt nicht mehr. Es geht in die Schule – es besucht die 3. oder 4. Klasse. Die aufgeräumte Lehrerin kommt herein und bringt frische Luft mit. Sie ist so hübsch. Die Locken schmiegen sich um ihr Gesicht und sie trägt eine helle Bluse. Sie spricht ganz ruhig. Sie stellt ihre schöne Ledertasche auf den Tisch – was da wohl alles drin sein mag? Sie erzählt und erzählt. Sie bringt Wissen in den Kopf des Kindes. Fraulich, freundlich, lehrerhaft, erfrischend, sanft.Weiterlesen