Heutzutage kämen die Themen „Schuld, Überich und Selbstbestrafung“ nicht stark genug in der Psychoanalyse vor, höre ich manchmal. Der kanadische Psychoanalytiker Donald L. Carveth hat zu diesem Thema einen Beitrag veröffentlicht: „Self-Punishment as Guilt Evasion: The Case of Harry Guntrip“ (Canadian Journal of Psychoanalyis, 15,1, 2007, PDF), zu deutsch: „Selbstbestrafung als Flucht vor der Schuld: Der Fall Harry Guntrip.“ Hier beschreibt Carveth, wie der Psychoanalytiker Harry Guntrip, der seine Lehranalysen bei Ronald Fairbairn und Donald Winnicott gemacht hat, seine Analyse nicht zu Ende gedacht habe und auf einer Art paranoid-schizoider Position stehengeblieben sei. Weiterlesen

Auf einmal bist Du nackt – obwohl Du von vielen Menschen umgeben bist. Doch dann merkst Du: Es ist nur ein Traum. Sigmund Freud hat in seinem Buch „Die Traumdeutung“ (1900) einige typische Träume beschrieben – hierzu gehört der „Verlegenheitstraum“ der Nacktheit. Im Traum schämen wir uns vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Möglicherweise erscheinen die umstehenden Menschen im Traum seltsam unbeteiligt. Manchmal sind die anderen auch nicht zu sehen und wir fühlen im Traum nur, dass sie da sind. Nach Freud kann es sich dabei um eine Wunscherfüllung handeln – im Traum können wir wie als Kind nackt herumlaufen, ohne uns schämen zu müssen. Interessant dabei ist, dass es sich bei den Außenstehenden oft um „Viele fremde Leute“ handelt (Freud: Das Traummaterial und die Traumquellen, Projekt Gutenberg). Weiterlesen

Es muss uns gut gehen. Davon sind wir überzeugt. Und davon werden wir an jeder Ecke überzeugt – Ratgeber mit befreit-lachenden Gesichtern zeigen uns, wie es wirklich geht: Endlich entspannt zu sein und es geschafft zu haben. Doch wer kennt nicht die ausgedehnten Phasen des Lebens, in denen man wochenlang geknickt ist und sich zu nichts aufraffen kann? Wer ist nicht nach einer (nicht) bestandenen Prüfung, nach einer Fehlgeburt, nach einer Scheidung, nach einer Kündigung für sehr lange Zeit in einer schweren Krise?Weiterlesen
Gut psychoanalytisch arbeiten kann ich mit Patienten, die gut symbolisieren können. Sie können z.B. so etwas sagen wie: „Ich fühle mich so traurig – es ist, als ginge ich durch eine dunkle Wolke.“ Die bildhafte Sprache und das bildhafte Denken machen ein „träumerisches Miteinander“ möglich. Das Unbewusste kann sozusagen leicht angesprochen werden, Phantasien und Überzeugungen können sich verändern. Menschen, die nicht so gut symbolisieren und abstrahieren können, hängen oft sehr am Konkreten fest. Sie brauchen manchmal erst viele logische Erklärungen. Es ist manchmal, als ob es ihnen an einem psychischen Raum fehlte, der erst einmal durch die therapeutische Beziehung entstehen muss. Diese Arbeit bzw. der Versuch, gemeinsam zu „spielen“, kann lange dauern und erfordert viel Geduld – mit Respekt vor natürlichen Grenzen. Weiterlesen

Die Sicherheit ist unsere Geliebte. Das Bedürfnis nach Sicherheit zählt zu unseren Grundbedürfnissen. Die Unsicherheit, unsere Feindin, lauert uns überall und jeden Tag auf. Unsicherheit aushalten zu lernen ist eine hohe Kunst. An der Hand eines Freundes lässt es sich besser ertragen, wenn man nicht weiß, wie es morgen weitergehen soll. Unsicherheit fühlt sich an, als stünde man auf einem Hochseil und müsste den nächsten Schritt setzen, ohne wirklich gut balancieren zu können.Weiterlesen