Du wachst auf, zitterst, bekommst schwer Luft. Da sind Schweiß, Herzrasen, vielleicht Übelkeit und Durchfall. Gedanken, die sich Dir immer wieder aufdrängen. Du befürchtest vielleicht, verrückt zu werden oder schwer krank zu sein. Kurzum: Du bist verzweifelt. Was die Ängste in der Nacht so schlimm macht, ist oft das Gefühl, völlig alleine oder in unguten Beziehungen gefangen zu sein. Es ist still um Dich herum und Du kannst Deine Freunde nicht erreichen, weil es ja Nacht ist. Die Einsamkeit ist vielleicht das größte Problem. Du zählst die Stunden, wartest auf den Morgen – bis Du vielleicht im Morgengrauen endlich erschöpft einschläfst.Weiterlesen
tag 1 ich sehe noch den weissen schnee und die schwarzen schuhe ohne profil, wie mir die beine wegrutschen und ich auf dem langen weg zum boden denke: mein arm ist gleich gebrochen! ein reißender schmerz und sofortige klarheit: der arm ist gebrochen. eine wulst nahe dem handgelenk nach vorne und eine wulst nach hinten (colles-extensionsfraktur). noch eine weile im kalten schnee sitzend halte ich mir den arm. die kühle tut gut. kreislaufprobleme. meine medizinerphantasie weitet sich aus auf angst-vorstellungen von knochenbrüchen mit innerem verbluten (was realistischerweise höchstens bei becken- oder oberschenkelfrakturen vorkommt, siehe zur verletzung der arteria radialis auch sigrist&dirndorfer, 1983). ich wähle 112.Weiterlesen
„Borderliner werden nie satt! Sie saugen Dich aus, bis Du keine Kraft mehr hast. Sie sind unersättlich!“ Sätze wie diese hört man manchmal von erschöpften Therapeuten. Dasselbe sagt man manchmal über Kinder. Aber: Sind die Betroffenen wirklich unersättlich? Wenn man schon von Unersättlichkeit spricht, könnte man auch fragen: Wann erscheint jemand unersättlich und wie ließe sich das verstehen? Unerstättlichkeit entsteht doch nur dann, wenn die richtige Befriedigung bisher nicht gefunden wurde. Das Ziel eines unzufriedenen Kindes oder Erwachsenen ist es doch meistens, zurück zur Zufriedenheit, zur eigenen Mitte zu gelangen. Das Bestreben, auf ungesunde Weise immer mehr zu wollen, kommt, wenn man immer knapp am befriedigenden Ziel vorbeischießt. Weiterlesen
Der Sitz der Seele liege im Zwerchfell (Diaphragma), so glaubte man im alten Griechenland. Das Zwerchfell ist ein Muskel, der den Bauchraum vom Brustraum trennt. Wie alle Muskeln verspannt es sich besonders bei Ärger, Angst und nicht zuordenbaren, unheimlichen Gefühlen. Das Zwerchfell fühlt sich manchmal an wie ein „Boden“ in unserem Körper. Wenn wir den Boden unter den Füßen verlieren, fühlen wir, wie ein Ruck durch unsere Körpermitte geht. Eine Einsicht hingegen, ein Aha-Effekt, führt zur Erleichterung, zum Aufatmen und zu einem Gefühl von neuer Durchlässigkeit, aber auch neuem Halt. Weiterlesen
„was passiert ist, ist passiert“, hörst du. „es ist wie es ist – du kannst es nicht mehr ändern“, hörst du auch. „es nützt ja nix“, sagst du dir selbst. und doch ist es, als müsstest du einen stein zerbeissen – du hast schuldgefühle, bedauerst, lebst jeden tag mit selbstvorwürfen und den folgen. von nun an krank, oder behindert oder allein. du suchst: „wo hatte ich schuld? was hätte ich anders machen können?“ die folgen spürst du ein leben lang, so deine sorge. morgen wird es nicht wieder gut – ein furchtbares gefühl. „wie hätte es anders laufen können?“, fragst du dich. und du stellst dir vor, wie das leben ohne den bruch, ohne das trauma, ohne die tat verlaufen wäre. du könntest schreien, während andere mit dem schultern zucken und sagen: „ist halt so.“ es hat dich mächtig getroffen. deine identität hat sich verändert. Weiterlesen
Zuerst ist man noch ganz gelassen – glaubt daran, das Baby beruhigen zu können. Doch wenn es sich wieder und wieder nicht beruhigen lässt, kommen die Selbstzweifel. Es beginnt die Suche nach den Ursachen und Schuldgefühle entstehen. Die Erschöpfung wächst. Manchmal hat man noch nicht einmal mehr die Kraft, Hilfe zu suchen. Die psychoanalytische Kleinkindforscherin Beatrice Beebe zeigt in einem Video (Youtube), wie sich eine Mutter und ihr Kind, das an Dreimonatskoliken leidet, aufeinander abstimmen.Weiterlesen
„Ein regelmäßiges Überziehen der Mittagspause kann zur Abmahnung führen“, heißt es im Vertrag. Und so leisten wir dem Übergewicht wunderbar Vorschub: Wer sich beim Essen beeilen muss, hat keine Zeit zu verdauen. Man kaut nicht genug, isst nicht bewusst, dafür aber zu viel. Wer das Gefühl von (Zeit-)Mangel hat, versucht diesen Mangel auszugleichen. Ist die Zeit zum Mittagessen zu knapp, möchte man wenigstens schnell und viel Sattmachendes essen. Nach dem Essen fühlt man sich dann unangenehm pappsatt. Zur Verdauung bräuchte der Körper eigentlich jetzt Ruhe und zumindest noch einen schönen Kaffee. Die stärkste Durchblutung findet nun im Magen-Darm-Trakt statt. Das parasympathische Nervensystem ist aktiv. Der Parasympathikus ist das Nervensystem, das für Ruhe sorgt und die Energie sammelt.Weiterlesen
Jeden Tag dasselbe. Jede Nacht dasselbe. Dieses unaushaltbare, unaufhörliche Das. Nicht nur, wer im Gefängnis sitzt, ist gefangen. Das Alltagsrad lässt keinen Ausgang zu. „Wie lange noch?“, fragt man sich, obwohl das Ende der Fahnenstange schon längst erreicht ist. Wie ruhig soll ich denn noch werden? Kein Schlaf, keine Ruhe, keine tröstenden Worte. Keine Achtsamkeitsübung, die hilft. Wie fühlt sich das Unaushaltbare an? Über Jahre, Jahrzehnte? Die Vorteile des Alleinseins versiegen irgendwann, die Kreativität schwindet. Da ist nur noch die Qual der Abwesenheit. Zu unruhig zur Meditation. Sie verstärkt das Unaushaltbare , falls das überhaupt möglich ist – glaubt man.Weiterlesen