Willkommen

Verlassen. Eine Novembermorgengeschichte

Ich steh im Wald. Und fühle mich verlassen. Und alt. Die Gedanken, sie drehen sich unaufhörlich in meinem Kopf. Meine Schale ist so hart. Da mag keiner durchdringen. Ich verschränke die Arme und behaupte, die Welt sei ungerecht. Die Sterne glitzern. Und endlich zieht der Morgennebel auf. Er hüllt mich ein. Ihm macht meine harte Schale nichts aus. Die warme Novemberluft streichelt mein Gesicht. Und die Tränen fließen in meinen Schal. Weiterlesen

So ist Einsamkeit

Du besuchst jemanden, dessen Tisch reich gedeckt ist, während Du selbst darbst. Du kannst das das duftende Essen riechen. Du siehst, wie zufrieden der andere ist. Er hat einen Partner, Berührung, Kinder, Familie. Du klagst ihm Dein Leid. Du führst ein ausgeschlossenes Leben. Und dann stehst Du – vielleicht etwas gesättigt – wieder auf und gehst nach Hause. In die leere Kammer. Während Du weißt, oder meinst, zu wissen, dass der andere genug hat. So ist Einsamkeit. Weiterlesen

Amok

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„Warum, warum?“, fragen sie sich immer wieder. „Können sie das nicht verstehen?“, frage ich mich. „Ist ihnen Hass so fremd? Fühlen sie niemals diesen furchtbaren Drang, alles zu zerstören?“ Sie sind so merkwürdig erstaunt. „Astonished“, das englische Wort dafür klingt viel treffender. Man hört daraus, wie versteinert die Menschen sind. Doch mich hält nichts mehr. Und noch während ich schieße, denke ich, dass ich sie alle auf eine ganz merkwürdige Weise liebe. Und dass ich nicht will, was ich da tue. Plötzlich, aus dem Tumult, wie aus dem Nichts, ein Brennen. Und noch während ich zusammensinke, denke ich: „Vielleicht bekomme ich es doch noch – ein bisschen Liebe.“ (Gedanken eines Amokläufers. Text & Bild: Dunja Voos) Weiterlesen

In mir wohnt ein Monster …

In mir wohnt ein Monster, das greift mich an. Es rüttelt mich, es schüttelt mich, es will mich unglücklich machen. Es macht mir Schmerzen und nimmt mir die Luft zum Atmen. Das Monster hat immer Hunger und will von mir gefüttert werden. Es lässt mich in Ruhe, w...

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Die unbarmherzige Mutter

Das Kind, es bittet um Entschuldigung. Die Mutter sitzt auf dem Sofa. Und schweigt. Das Kind weiß nicht, warum die Mutter so wütend ist auf das, was es getan hat. Die Mutter ist unbarmherzig. Und schweigt. Den ganzen langen Sommernachmittag. Das Kind will verg...

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Warten

Wenn ich warte, denke ich, ich muss sterben. Es tut alles weh. Ich fühle mich gequetscht. Mein Herz stolpert und schmerzt. Ich habe Angst, dass es kaputt geht. In mir und um mich herum rutscht alles in eine Katastrophe. Wenn ich nichts tue, passiert etwas Schl...

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Unfassbar einsam – ein Zweizeiler

Keine Geschwister. Schwister. Wister. Keine Eltern. ltern. milie. Unfassbar. einsam. gemeinsam. die anderen. nderen. nur. die. Weiterlesen

Der unbarmherzige Patient. Der unbarmherzige Therapeut.

Noch drei Minuten, sagt der grosse Zeiger. Gleich wird er klingeln, mein Patient. Wie fast jeden Tag zur vollen Stunde. Und ich kann nichts dagegen tun. Er wird da sein. Er wird wollen. Er will, dass ich zuhöre und nachdenke. Ich kann nicht weg. Dabei bin ich müde. Wie eine Mutter. Doch der Säugling, er gibt keine Ruhe. Er fordert und fordert. || Noch drei Minuten, sagt das Autoradio. Dann steige ich aus und begebe ich mich zur Tür meines Lehranalytikers. Er wird da stehen und auf mich warten. Ohne Gnade. Er fordert von mir, dass ich sage, was mir einfällt. Ständig. In jeder Sekunde. Meine ich. In meiner Welt. Er sitzt da und wartet und wartet. Wie ein Herrscher. Ich bin müde, ich will nichts mehr sagen. Doch er ist da, komme, was wolle.Weiterlesen

Die Perle in mir – wann mach‘ ich auf, wann mach ich zu?

Da ist eine Perle in mir. Ich bin eine Auster und lasse mich in der Tiefe des Meeres sanft hin- und herbewegen. Meistens ist meine Schale zu, denn ich befürchte, dass man mir meine Perle klauen könnte, wenn ich mich öffne. Was aber, wenn es gar nicht (mehr) so ist? Was, wenn die anderen respektvoll vor mir stehen bleiben? Wenn sie mein Gesicht, meine Perle respektieren? Wenn sie selbst darum bemüht sind, meine Perle zu beschützen? Ich komme an einer anderen Auster vorbei. Sie ist weit offen und trägt eine wunderschöne Perle. Ich sehe sie glänzen. Neid kommt auf. Und auf einmal bin ich es, der rauben will! Ich will diese Perle haben, ich will sie klauen, mir zu eigen machen. Doch dann fällt mir meine eigene Perle ein. Ich hätte nichts davon, die andere Perle zu klauen. Sie würde nicht zu mir passen. Ich hinterließe eine leere Schale und würde selbst einsam werden. Da ist es doch sinnvoller, ich lasse meine eigene Perle in Ruhe wachsen, sodass sie selbst schön glänzt.Weiterlesen

Ausgeschlossen oder bedrängt

Ausgeschlossen oder bedrängt. Nur diese beiden Zustände kennt das Kind. Es versucht, die Mutter zu lesen. Aber da ist nichts, was es lesen könnte. Da sind nur fremde Buchstaben, die es nicht versteht, die niemand verstehen kann. Hier kommst Du nicht rein. Imme...

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