Burnout – ausgebrannt

Nicht nur Menschen mit einer großen Verantwortung und einem Haufen Überstunden leiden an dieser „Manager-Krankheit“. Auch Berufstätige mit einer „ganz normalen“ Beschäftigung, Arbeitslose, Mütter, Väter und Pflegende sind betroffen. Der deutschstämmige Psychoanalytiker Herbert Freudenberger (1927-1999) prägte den Begriff des Burnout-Syndroms im Jahr 1974. Obwohl die Betroffenen erschöpft sind, leiden sie gleichzeitig unter einer inneren Anspannung.

Der Psychologie-Professor Elliot Aronson sagt, dass jemand, der sich ausgebrannt fühlt, vorher entflammt gewesen sein muss. Viele Betroffene waren vorher „Feuer und Flamme“ für ihren Beruf und haben ihn aus purem Idealismus ergriffen. Die Realität zeigt aber, dass viele Träume auf der Strecke bleiben müssen.

Ausgelaugt fühlen sich vor allem Menschen, die eine äußerst verantwortungsvolle Aufgabe haben, dabei aber wenig Entscheidungsspielraum. Ein Ungleichgewicht von hoher Anforderung, geringer Wertschätzung und wenig Freiheitsgraden ist auf Dauer kaum auszuhalten. Schwierige Arbeitsbedingungen können sogar eine koronare Herzkrankheit begünstigen (Siegrist et al. 1990). Wenn die beruflichen Strukturen ungünstig sind oder die Anforderungen über die eigene Kompetenz hinausgehen, dann bleibt für manche am Ende nur die Kündigung.

Doch lange, bevor der Schritt der Kündigung oder Berufsaufgabe getan wird, haben viele Beschäftigte innerlich gekündigt. Sie kommen matt zur Arbeit, tun ihren Dienst nach Vorschrift und schauen auf die Uhr, bis die endlich Feierabend anzeigt. Vordergründig ist man eher unbeteiligt. Doch innerlich geht diese Resignation an niemandem spurlos vorbei. Verschiedene Kankheitssymptome können hinzukommen.

Oft führen auch innere Einstellungen und Konflikte zu dem Erschöpfungs-Syndrom. So gibt es Betroffene, die sich in jedem Beruf bald am Rand der Erschöpfung wiederfinden. Hier sind kaum erreichbare hohe Ansprüche an sich selbst und Angst vor Strafe häufig der Grund für ein Burnout. Auch ein schwieriges Privatleben, Geldsorgen und gesundheitliche Probleme können zum Burnout beitragen.

Viele haben das Gefühl, dass bei der Arbeit ohne sie gar nichts geht. Das ist äußerst belastend. Aber dieser Gedanke bereitet uns auch ein Hochgefühl. Der Gedanke, dass es auch „ohne mich“ gehen kann, ist eine Ernüchterung.

Manche Betroffene haben das Gefühl, nur noch eine frühe Berentung könnte sie retten. Doch dieser scheinbar rettende Ausweg ist für viele ebenfalls eine Enttäuschung. Manche fühlen sich noch ausgelaugter und sinn-entleert. Anderen wiederum geht es tatsächlich entschieden besser. Hier wird dann oft deutlich, wie nahe Burnout und Depression beieinander liegen.

Depressionen und Burnout

Das Burnout-Syndrom ist ein Prozess, der in eine Depression münden kann. Manchmal äußert sich jedoch auch eine Depression durch Burnout-Symptome. Oft sind Burnout und Depression der Ausdruck dafür, dass man nicht das lebt, was einem entspricht. Der Beruf macht in hohem Maße die eigene Identität aus. Wer nicht sagen kann, was er beruflich macht, dem fehlt ein wichtiges Etikett. Der richtige Beruf kann das Selbstwertgefühl nähren, der falsche Job hingegen lässt einen immer mehr an sich selbst zweifeln. Da nützt es auch nichts, wenn man sich sagt: „Ich habe doch schon A, B, C geschafft.“ Bei „D“ hat man wieder das Gefühl zu scheitern, wenn es einem nicht entspricht.

Gründe für die Berufswahl

Wir haben meistens ein Bild davon, warum wir diesen oder jenen Beruf gewählt haben. Der Psychoanalytiker Marc Solms wurde Neurowissenschaftler, weil er besser verstehen wollte, warum sein Bruder nach einem schweren Unfall so wesensverändert war. Vielleicht hast du deinen Beruf auch gewählt, weil dein Vater oder deine Mutter es sich so wünschten. Oder du hast dir aus Protest das ausgesucht, was sie nie wollten. Aus „Rache“ sozusagen. Oder man macht das, was dem eigenen Idealbild entspricht. Man möchte gern sein wie ein Kapitän oder wie ein Model auf dem Laufsteg. Und geht vielleicht in die Werbebranche, nur um diesem Wunschbild zu entsprechen. In Wirklichkeit aber liegt einem etwas völlig anderes, was nicht dem Ideal entspricht, sondern dem eigenen Selbst.

Wahrscheinlich ahnst Du, warum Du am Burnout-Syndrom leidest. Aber du findest nicht heraus aus dem Hamsterrad. Weil es schmerzlich ist, den Beruf aufzugeben oder weil die Zwänge des Lebens dich dort halten, wo du gerade bist. Vielleicht denkst du auch, nach so langer Zeit auf einem Weg nicht mehr ausbrechen zu können. Der Abschied von äußeren Umständen kann genauso schwierig sein wie der Abschied von inneren Einstellungen und Wünschen. Wer im Tunnel steckt, der sieht kein Licht mehr. Doch es gibt viele Wege und Angebote, mit denen man an das Ende des Tunnels findet. Tatsächlich. Auch, wenn du das in der Erschöpfung nicht glauben magst. Aber in der Erschöpfung wirkt auch immer die Kraft der Veränderung.

ICD-10: Z73 Ausgebranntsein (Burnout, Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung)

Links:

Nora Imlau (2024)
Bindung ohne Burnout: Kinder zugewandt begleiten ohne auszubrennen
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Wolfgang Schmidbauer:
Hilflose Helfer.
Über die seelische Problematik der helfenden Berufe
Rowohlt-Verlag, amazon

Elliot Aronson, Ayala M. Pines, Ditsa Kafry:
Ausgebrannt – vom Überdruß zur Selbsterfahrung.
Klett-Cotta, amazon

Herbert Freudenberger, Gail North:
Burn-out bei Frauen.
Über das Gefühl des Ausgebranntseins
Fischer Taschenbuch Verlag, amazon

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 19.5.2010
Aktualisiert am 5.11.2025

3 thoughts on “Burnout – ausgebrannt

  1. sylphes sagt:

    genau, dieses scheiss- Funktionieren, dieser Druck, der ist so zum Kotzen. Man sollte nie erwachsen werden müssen und einfach immer nur spielen, träumen und auf Bäume klettern können.

  2. Cyprine sagt:

    Der Begriff Burnout impliziert eine Ursache des Scheiterns am Arbeitsplatz im eigenen Verhalten oder der Lebenseinstellung. Oft ist aber Mobbing am Arbeitsplatz oder von aussen auferlegter zu hoher Leistungsdruck die Ursache eines Zusammenbruchs.

  3. Karsten sagt:

    Hallo,

    im Leben ist es nicht immer leicht.
    Vor allem der oft geforderte Leistungsdruck verlangt viel von uns ab.
    Die eigenen Grenzen kennen und sich auch setzen, kann helfen.
    Klar schafft man das nicht immer.
    Ich selbst versuche mir Auszeiten zu nehmen und zeitliche Grenzen einzuhalten.
    Nichts ist so wichtig, als dass es nicht auch morgen erledigt werden könnte

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