Wer früh traumatisiert wurde, der hat lebenslange Fehlregulationen in der HPA-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse), sagen Stressforscher und Entwicklungspsychologen häufig (z.B. Gunnar und Quevedo, 2007). „Sowie eine Gefahr erkannt wird, bildet der Hypothalamus vermehrt den Corticotropin-Releasing-Factor (CRF), der die Hypophyse zur Ausschüttung von Corticotropin veranlasst; dieses heißt auch adrenocorticotropes Hormon, kurz ACTH, weil es die Nebennierenrinde anregt, das Stress-Hormon Cortisol auszuschütten“ (Spektrum.de, 1.8.1998). Frühtraumatisierte haben diesen Kreislauf schon früh vermehrt und sehr stark immer wieder erlebt, sodass er sich verfestigt. Schon geringe Gefahren werden von Frühtraumatisierten als große Gefahr „erkannt“. Doch das Wissen um diesen chronisch gewordenen Mechanismus kann ein Gefühl von Resignation und Hoffnungslosigkeit bei Ärzten, Psychotherapeuten und Patienten auslösen. Weiterlesen
„Du hast das Trauma überlebt“, sagt der Psychotherapeut. Doch warum hilft mir dieser Satz nicht? Weil die Schmerzen akkumulieren. Es taucht immer wieder das schreckliche Gefühl auf, an Körper und Seele gepackt und niedergedrückt zu werden. Es kommt das Gefühl, sich umbringen zu müssen (nicht zu wollen!), weil das Lebensgefühl so unaushaltbar erscheint. Auch dieses Gefühl will immer wieder aufs Neue überlebt werden und ich frage mich: Wie lange kann ich das noch aushalten? Ein tiefer Zweifel legt sich über alles. Das Lächeln ist nur vorgeschoben, Unterhaltungen werden mit Mühe geführt, die Zähne mit hohem Kraftaufwand geputzt. Weiterlesen
„Wo ich hinkomme, reagieren die Menschen mit Ärger auf mich. Ich weiß nicht, wieso. Es sind sehr unbefriedigende Begegnungen.“ Eine Patientin erzählt, dass fast alle ihre Kontakte von unbegreiflicher Aggression betroffen sind. Erst im Laufe der Zeit entdeckt sie, dass sie die anderen ständig steuern will. Sie macht Witze, damit die anderen lachen und sie denkt sich vorher genau aus, was sie sagt, damit die anderen in dieser oder jener Weise reagieren. Auf einmal versteht sie, warum so viel Langeweile in ihrem Leben herrscht: Sie vermeidet die lebendige Begegnung.Weiterlesen
Unvereinbar. Die Mutter, sie möchte helfen und Schlimmeres verhindern, doch sie übt Gewalt aus. Sie quetscht das Kind in der Vojta-Behandlung. Diese Brüste über dem Kind! Viel zu früh wird es gezwungen, Widerstand zu leisten, ein Ich zu entwickeln, sexuelle Erregung zu empfinden. Immerhin: Das Schreien wirkt fast wie ein Schmerzmittel. Die Mutter, die selten zärtlich sein kann, ist die Angreiferin. Sie spricht dem Kind tröstlich zu. Nun ist es vollends verwirrt. Liebe, Gewalt, Erregung – so vermischt, dass es nicht zu verarbeiten ist. Diese Gefühl, etwas nicht verarbeiten zu können, etwas nicht genießen oder annehmen zu können, jemandem nicht angstfrei begegnen zu können, eine unaushaltbare Ambivalenz zu verpüren, lässt das Kind nie mehr los. Weiterlesen
Vielleicht hast Du das Gefühl, dass Du Dich so gut wie nie geborgen fühlst. Das grundlegende Geborgenheitsgefühl entsteht besonders in den ersten Lebensmonaten. Die Mutter ist wohl der bedeutsamste Mensch in unserem Leben, denn die ersten Lebensmonate verbrachten wir in ihrem Körper. Wenn wir schon früh von der eigenen Mutter traumatisiert wurden, wurden wir vielleicht real körperlich beschädigt. Du hast vielleicht auch das Gefühl, dass ein Teil Deiner Seele zerstört wurde. Wie dies ungewollt passieren kann, zeigt z.B. die Säuglingsforscherin Beatrice Beebe in ihrem Video (Youtube, ab Minute 27). Weiterlesen
Das Paar will ins Konzert und die Frau bekommt Migräne. „Vielleicht haben Sie die Migräne ja bekommen, weil Sie wütend waren auf Ihren Mann. So konnten Sie ihm das Leben vermiesen, ohne selbst schuld zu sein.“ Eine Zeitlang war es modern in der Psychoanalyse, das Augenmerk auf mögliche Aggressionen zu legen. Das kann manchmal stimmen und auch hilfreich sein, wenn man denn so wieder die Kontrolle über die Kopfschmerzen gewinnen könnte. Heute prüfen viele Psychoanalytiker jedoch auch, ob nicht ein Trauma hinter der plötzlichen Migräne stecken könnte. Der Konzertsaal kann mit Einengung und Zwang verbunden werden. Schließlich gibt es auch noch die Möglichkeit, dass der Körper aufgrund von Müdigkeit, Unverträglichkeiten und Mangelerscheinungen oder „einfach so“ und weitgehend autonom eine Migräne entwickelt. Weiterlesen