Kostenerstattungs- und Selbstzahlerpraxis in der Psychotherapie: So bekommst du dein Geld
Psychotherapeuten in Privatpraxen behandeln oft auch Selbstzahler. Häufig meint man schon am Telefon zu hören, von welchem Patienten man sein Honorar sicher erhalten wird und von welchem nicht. Doch trotz bester Menschenkenntnis kannst du immer wieder Überraschungen erleben. Als Selbstzahler kommen häufig Menschen, denen es finanziell relativ gut geht. Viele wirken zuverlässig, zahlen dann am Ende „aus psychodynamischen Gründen“ aber doch nicht. Es melden sich auch Menschen aus sozial schwachen Schichten als Selbstzahler an – und man ist überrascht: Das Honorar kommt oft von den Patienten besonders zuverlässig, von denen man es am wenigsten erwartet hätte. Wie kann man sein Honorar sicherstellen?
Anfangs möchtest du als Psychotherapeut*in vielleicht noch die Welt retten und bietest Patienten ein Gespräch an, bei denen schon im Erstgespräch fraglich ist, ob du dein Honorar erhalten wirst. „Nur wenn es dir selbst finanziell gut geht, kannst du ein guter Arzt sein“, sagte mir ein Arzt auf Sri Lanka. Mit der Zeit lernst du, der Versuchung zu widerstehen, jedem helfen zu wollen. Schon am Telefon kannst du manchmal einschätzen, ob du dein Honorar erhalten wirst oder nicht – und das fliesst dann auch in die Entschiedung für oder gegen einen Patienten mit ein. „Mir fehlen eigentlich immer 1000 Euro, die jemand nicht gezahlt hat“, erzählt mir eine Kollegin. Und auch ich habe schon herbe Verluste hinnehmen müssen. Doch mit zunehmender Erfahrung werden die Lücken in der Regel kleiner.
So mancher Psychotherapeut hält die ein oder andere Sitzung aus „Nächstenliebe“ kostenlos ab. Auch Freud hat wohl Patienten kostenlos behandelt und der amerikanische Jurist und Psychoanalytiker Richard Reichbart sagt, dass er immer auch einen Patienten für ein sehr geringes Honorar behandelt: „Just for the pleasure of it“ (= „Allein zur Freude“). In der Psychotherapie-Aus- und Weiterbildung ist man geneigt, kostenlose Sitzungen anzubieten, um die erforderliche Sitzungszahl zu erreichen, was jedoch rechtlich aus Wettbewerbsgründen schwierig sein kann. Etwa 40 € sollte man mindestens schon berechnen. Arbeitest du im Kostenerstattungsverfahren, bietest du die probatorischen Sitzungen vielleicht ebenfalls kostenlos an, damit der Patient überhaupt eine Chance hat, aufgenommen zu werden.
Schon in der ersten oder zweiten Sitzung solltest du über die Ausfallhonorarregelung sprechen, denn der Patient sollte informiert sein, bevor du ein Ausfallhonorar berechnest. Ich selbst berechne in der Regel gar kein Ausfallhonorar.
Nachweise sind wichtig
Wichtig bei sehr wackeligen Patienten ist ein Nachweis, dass dein Patient in deiner Praxis war. Denn zahlt der Patient nicht, so kannst du zwar mahnen und mit rechtlichen Schritten drohen, aber der Patient kann leicht sagen: „Sie können mir ja gar nicht nachweisen, dass ich bei Ihnen war.“ Daher führen manche Kollegen eine Unterschriftenliste, auf der sie den Patienten nach jeder Sitzung unterschreiben lassen. Andere bitten den Patienten, zu jeder Sitzung das Geld in bar mitzubringen. Beides ist sehr unbefriedigend. Gerade am Anfang zahlst du vielleicht oft Lehrgeld, aber der Ärger ist ein großer Meister und du wirst immer besser darin, dafür zu sorgen, dass du dein Honorar auch wirklich erhältst.
Wenn die Praxis dann angelaufen ist und du einige Patienten hast, kannst du natürlich auch einen Abrechnungsservice beauftragen wie z.B. medas.de (Link ist nicht gesponsert). Ich selbst habe so etwas nie gemacht, weil es so unvereinbar ist mit meinen idealen Vorstellungen, die ich von Psychotherapie habe.
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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 4.8.2017
Aktualisiert am 28.6.2025
2 thoughts on “Kostenerstattungs- und Selbstzahlerpraxis in der Psychotherapie: So bekommst du dein Geld”
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Das geht natürlich auch :-)
Man behandelt, nachdem man Geld bekommen hat! Sehr einfach !