101 Wie wird man Psychoanalytiker? Figurabilität: Unvorstellbares verständlich werden lassen

Wie können seelische Zustände, die nicht repräsentiert sind, für die es also keine Bilder, Vorstellungen, Erinnerungen oder Worte gibt, erfasst werden? Es geht um „nicht-symbolisierte Erinnerungsspuren“, die dem Patienten zu schaffen machen, wie es die Autorin Elisabeth Aebi Schneider (Bern, 2016) in einem Vorwort nennt. Hier bedürfe es „einer besonderen psychoanalytischen Arbeit, die der ‚Figurabilität‘.“ (Figurabilität wird unterschiedlich beschrieben – es heißt auch, dass Undenkbares zur Denkbarkeit transformiert wird. Siehe: Präverbale Zustände erfassen durch Reverie)

Die Figurabilität „besteht in einer rückläufigen Bewegung zu einer nichtverbalen, quasi halluzinatorischen Erfahrung, die aus dem Analytiker ein Double des Analysanden macht. Diese Figurabilität ist flüchtig, unmittelbar und taucht verwirrend schnell auf. Die Autoren (Anm.: César und Sara Botella) betrachten sie als ‚den Königsweg zu aller Sinnverständlichkeit‚. Wenn der regressive Prozess vom Analytiker zugelassen werden kann, so birgt er eine Chance zur Erschließung von persönlichen seelischen Landschaften, die bis anhin unbekannt und unverständlich waren.“ (Elisabeth Aebi Schneider:
Redaktionelles Vorwort. Zeitschrift für psychoanalytische Theorie und Praxis, Jahrgang XXXI, 2016, 3/4, S. 287, PDF)

Figurabilitât: ein Kunstbegriff, unter dem vielleicht jeder etwas anderes verstehet. Wörtlich ist es ja die Fähigkeit, etwas zu einer Form werden zu lassen. Das Unsagbare kann in Grenzen sagbar und denkbar werden. Meistens sind es Umschreibungen, die das Unsagbare jedoch nie ganz treffen.

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Weitere Literatur

FriedrichWilhelm Eickhoff:
Über die Herausforderung, seelische Zustände ohne Repräsentanz zu erfassen.
Die Entdeckung eines bisher nicht genügend bekannten Sigmund Freud.

César Botella, Sara Botella (2001):
The Work of Psychic Figurability: Mental States Without Representation
Routledge 2004
www.taylorfrancis.com/books/mono/10.4324/9780203342206…

Article rédigé par Dominique Bourdin:
César Botella, Sara Botella (2001)
La figurabilité psychique
Société psychanalytique de Paris
www.spp.asso.fr/publication_cdl/la-figurabilite-psychique-2/
„La capacité psychique d’un tel mouvement est la figurabilité, et son accomplissement, le travail de figurabilité dans lequel la régrédience de la pensée de l’analyste produit une „figure“ qui ouvre la séance à une intelligibilité de la relation entre les deux psychismes fonctionnant en état régressif.“

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht am 28.6.2020
Aktualisiert am 12.9.2025

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