Chinesische Organuhr und Cortisol-Uhr: Wie krank wir uns fühlen, hängt auch von der Tageszeit ab

Gemäß der traditionell chinesischen Medizin hat jedes Organ seine Zeit, in der es besonders aktiv ist. In der chinesischen Medizin gibt es zu den Organen teilweise ganz andere Vorstellungen als in der westlichen Schulmedizin. Zum Beispiel kommt der Milz eine besondere Rolle zu: Sie wandelt Nahrung in Lebensenergie („Chi“) um. Es gibt den „Dreifachen Erwärmer“ (San-Jiao) im Bauch, der kein einzelnes Organ sondern eher eine Art „kombinierte Energie“ darstellt. Auch gibt es die Organ-Meridiane, also die Energiebahnen, die entlang des Körpers verlaufen. Manches klingt sehr fremd, doch vieles erkennen wir wieder – besonders, wenn wir krank sind.
Nach der chinesischen Medizin sind die Organe zu bestimmten Zeiten besonders aktiv:
1-3 Uhr: Leber, Organ der Entgiftung. Wenn wir in dieser Zeit wach liegen, sind wir oft zu müde zum Aufstehen und zu wach zum Schlafen. Unruhig wälzen wir uns vielleicht hin und her.
3-5 Uhr: Lunge: In dieser Zeit werden viele Allergiker und Asthmatiker mit Atemnot wach – auch, wenn wir erkältet sind, werden wir in dieser Zeit mit Husten wach.
5-7 Uhr Dickdarm: Viele müssen nach dem Frühstück zur Toilette. Reizdarm-Beschwerden machen sich besonders frühmorgens bemerkbar: Tipps bei Reizdarm
7-9 Uhr: Magen
9-11 Uhr: Milz
11-13 Uhr: Herz: In einer Studie aus dem Jahr 1985 mit 2999 Patienten, als es noch viele Menschen gab, die keine Betablocker erhielten, zeigte sich, dass Herzinfarkte am ehesten vormittags (Höhepunkt: 9 Uhr) eintraten, wohingegen sie abends um 11 Uhr am seltensten auftraten.
13-15 Uhr: Dünndarm: Nach dem Essen ist der Dünndarm aktiv. Jetzt tut Ruhe gut.
15-17 Uhr: Blase
17-19 Uhr: Niere: Um 17 Uhr ist Tea-Time. In den Nieren sitzt nach traditionell chinesischer Medizin die Lebensenergie.
19-21 Uhr: Perikard (Herzbeutel, Beschützer der Herzenergie)
21-23 Uhr: Dreifacher Erwärmer: Eine chinesische Beschreibung von einem Energiesystem im Bauch
23-1 Uhr: Gallenblase: Von Gallensteinkoliken werden die Menschen meistens nachts geweckt
Die Cortisol-Uhr
Häufig verschlimmern sich entzündungsbedingte Schmerzen während der Nacht. Das liegt unter anderem daran, dass das entzündungshemmende Hormon Cortisol nachts im Körper nur in niedriger Konzentration vorhanden ist. Gegen null Uhr ist der körpereigene Cortisolspiegel am niedrigsten und seine Wirkung tritt immer etwas verzögert ein. Bei chronischen Rücken- und Gelenkschmerzen wachen wir vielleicht gegen drei Uhr morgens auf und fühlen dann den Schmerz am stärksten. Doch auch die relative Bewegungslosigkeit im Schlaf kann zu unseren nächtlichen Gelenkschmerzen beitragen.
Tagesrhythmen:
Herzinfarkte: „CK-MB (Anmerkung: Creatin-Kinase, Muscle-Brain-Type) – estimated timing confirmed the existence of a circadian rhythm, with a threefold increase in the frequency of onset of myocardial infarction at peak (9 a.m.) as compared with trough (11 p.m.) periods. The circadian rhythm was not detected in patients receiving beta-adrenergic blocking agents before myocardial infarction but was present in those not receiving such therapy.“ (2999 Patienten bzw. 703 Patienten mit CK-MB-Messungen)
James E. Muller et al. (1985):
Circadian Variation in the Frequency of Onset of Acute Myocardial Infarction
New England Journal of Medicine 1985; 313: 1315-1322
DOI: 10.1056/NEJM198511213132103
https://www.nejm.org/doi/abs/10.1056/NEJM198511213132103
Zahnschmerzen werden morgens oft schlimmer, weil dann der Mund ausgetrocknet ist und die Bakterien nachts arbeiten konnten. Mittags hingegen sind Zahnschmerzen oft gering und Zahnbehandlungen sollen mittags am schmerzfreiesten sein.
Blinddarmentzündungen: Häufig melden sich Betroffene nachmittags und abends im Krankenhaus.
„Most patients with appendicitis presented in the afternoon/evening.“
Frederick Thurston Drake et al.
Time-of-day and appendicitis: Impact on management and outcomes
Surgery, Volume 161, Issue 2, February 2017, Pages 405-414
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0039606016303543
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Links:
Societas Medicinae Sinensis (SMS)
www.tcm.edu
Carstens Stiftung:
Die chinesische Organ-Uhr
Dieser Beitrag erschien erstmals am 14.8.2015
Aktualisiert am 5.10.2025