Angst im Urlaub: Unbewusste Wünsche und Befürchtungen können beteiligt sein

„Bald fängt der Urlaub an und ich habe jetzt schon Horrorvorstellungen – so weit weg von zu Hause. Was, wenn ich im Flugzeug Panik bekomme und raus will?“ Vielleicht gehts dir ja ähnlich. Viele fühlen sich im Urlaub wie auf Stelzen. „Ich habe immer so ein unangenehmes Wattegefühl im Kopf“, sagt eine Frau. „Nachts kann ich vor Angst nicht schlafen. Ich denke ständig daran, wie weit weg ich von zu Hause bin. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich den Rückflug bewerkstelligen soll“ – so ging es mir selbst einmal in einem Urlaub.

Viele fühlen sich im Urlaub völlig einsam. Die Welt scheint stillzustehen und das Gefühl, irgendwo verwurzelt zu sein, ist kaum spürbar. Urlaub kann sich anfühlen wie ein innerer Kontaktabbruch zur übrigen Welt, zum Zuhause, aber auch zu sich selbst.

Tipps bei Angst im Urlaub

  1. Stell dir die Personen vor, an die du dich gut gebunden fühlst. Denke an deine Vorbilder.
  2. Wenn du nachts Ängste hast, lass eine Lampe an, dusche heiss oder schlafe auf dem Boden. Dadurch kannst du vielleicht wieder etwas mehr Boden in dir fühlen.
  3. Die Beschäftigung mit den Händen kann hilfreich sein, weil es eine „motorische Abfuhr“ der inneren Anspannung sein kann. Stricken, Häkeln oder Origami können dich vielleicht beruhigen – ebenso wie (fremdsprachige) Kreuzworträtsel, Tiktok oder Denk-Spiele auf dem Smartphone.
  4. Stell dir vor, was du tun wirst, wenn du wieder zu Hause bist. Bastele in Gedanken oder am Schreibtisch mit Stift und Tagebuch an deinen kurz- und langfristigen Plänen.
  5. Suche vor Ort Kontakt zu Menschen, die dir gut tun.
  6. Frage dich, ob du dir erlauben kannst, den Urlaub zu genießen. Vielleicht fühlst du dich schuldig, weil du Freunden, Eltern oder deinem Kind eine Trennung zugemutet hast. Möglicherweise hast du Sorge, du könntest sie verlieren. Vielleicht willst du dich selbst bestrafen, indem du dich mit Ängsten quälst. Suche eine guute Stimme in dir, die so etwas sagt wie: „Ach Schätzchen …“
  7. Manchmal hilft es, sich mit der eigenen Zerstörungswut auseinanderzusetzen. Vielleicht tut es dir ja gut, in der Phantasie etwas kaputtzumachen. Vielleicht fühlst du dich ja zu Hause gerade durch viele Verpflichtungen überlastet und du fändest es in einem Hinterkämmerlein deines Herzens sogar schön, nicht mehr zurückzukehren. Vielleicht fürchtest du dich vor deinem eigenen, verborgenen Wunsch, einfach bleiben zu wollen.
  8. Bei Einsamkeit wird dir im Urlaub deine Einsamkeit sehr bewusst. Bei Partnerschaftskonflikten führt das Leben auf der Insel zu Gefühlen der Enge. Bei beruflichen Konflikten fühlst du dich im Urlaub hilflos – du kannst aus der Ferne nichts tun, die Kontrolle fehlt. Auch Sorgen um Geld und Gesundheit finden in der ruhigeren Urlaubszeit viel Platz. Wie soll es nach der Rückkehr weitergehen? Sprich mit dir selbst in Ruhe über deine eigenen Nöte.
  9. Manchmal geht die Angst im Urlaub zurück, wenn die Hälfte der Zeit erreicht ist. Es kann hilfreich sein, einen kleinen Kalender zu führen und die Tage und Stunden abzuhaken, die schon vergangen sind.
  10. Denk daran, dass dein Körper im Urlaub ganz anders beansprucht wird. Gefühle von Übermüdung und Überanstrengung können auch Ängste auslösen. Auch hier hilft dir vielleicht die Ruhe allein im Bad während einer ausgedehnten Körperpflege mit Duschen und Eincremen – danach ein guter Cappuccino, ein leckeres Essen oder ein Eis, was immer dir gut tut.
  11. Urlaub ist voller Symbole – die Auseinandersetzung mit der Weite des Meeres, der Höhe der Berge, der ungewissen Wege, der Enge zu anderen und der Distanz kann beunruhigen. Auch kann die Ruhe und die Freiheit von Verpflichtungen deiner Psyche die Chance geben, dass alles wieder auftaucht, was lange verdrängt wurde. Es ist wie in der Nacht, wenn du wach im Bett liegst und deine Sorgen wälzt: Urlaub ist Ruhe und was erledigt werden müsste, kann vielleicht gerade nicht erledigt werden. Das kann ein katastrophales Gefühl in dir hervorrufen. Betrachte vielleicht eine längere Zeitspanne – was immer auch kommt: Nach einer Zeit von einigen Monaten oder Jahren wird das Problem kleiner geworden sein.
  12. Oft scheint während der Angstattacke nichts zu helfen. Du kannst jedoch zumindest gut zu dir selbst sein, auch wenn Chaos in dir herrschtu. Du kannst vielleicht Tee trinken, bis die Angst irgendwann wieder nachlässt.

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Dieser Beitrag erschien erstmals am 19.7.2014
Aktualisiert am 20.6.2025

4 thoughts on “Angst im Urlaub: Unbewusste Wünsche und Befürchtungen können beteiligt sein

  1. Dunja Voos sagt:

    Wie schön gesagt, liebe meloon! Ja! Es spricht auch nichts dagegen, den sonnigen Vormittag einmal im Hotelzimmer zu verbringen und Kindersendungen wie „Heidi“ im ZDF zu gucken :-) Früher lag in den Hotels in der Schublade auch oft eine Bibel. Das findet man leider nur noch selten.

  2. meloon sagt:

    Hallo, danke für diese Gedanken.
    Etwas das mir noch hilft ist: beim Vorbereiten einer Reise mir zu überlegen, welche kleinen Abläufe, Rituale und eigene „Wohnkultur-elemente“ ich gerne mitnehmen möchte. Und dieses Gewohnte dann da auch für mich an einem fremden Ort leben. Dann habe ich das Gefühl, einen Teil meines vertrauten Lebens immer dabei zu haben. Das sind für mich zB eine kleine Lampe mitnehmen die ich mag, oder der Tee, den ich immer trinke, oder eine kleine Decke für meine Meditation. Kleine vertraute Dinge, manchmal sind es auch gerade die „sinnlosen“. Liebe Grüße

  3. Gela sagt:

    Hallo Charlotte, mit deinen ersten Sätzen schreibst Du mir aus dem Herzen, aber was ist falsch daran zuhause zu bleiben, wenn man sich dort am wohlsten fühlt? Habe nur das Problem andere mit meinem Verhalten zu enttäuschen, aber ich lasse den anderen (Mann+Sohn) auch die Freiheit zu tun was sie wollen, also sprich zu verreisen, solange ich nur zuhause bleiben darf. LG

  4. Charlotte sagt:

    Interessant und irgendwie schön zu wissen, dass es anderen auch so geht! Es ist auch die Angst vor dem Ungewohnten, Unkontrollierbaren und dass man keinen Zugang zu seinen gewohnten Strategien hat, sich selber zu beruhigen und für sich selbst dazusein, besonders wenn man nicht viel selber entscheiden kann im Urlaub. Aber irgendwie ist es auch keine Lösung, nicht in den Urlaub zu fahren. Das Leben will ja erlebt werden und der Alltag ist nicht alles!

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