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Wie lange?

Wie lange muss ich auf sicherem Boden leben, damit ich mich sicher fühle, wenn ich aus einem Erdbebengebiet komme? Wie lange muss ich mit gesunden Menschen zusammen sein, damit ich mich sicher fühle, wenn ich die Angriffe meiner Mutter überlebt habe? Wie lange muss ich in Frieden leben, bis ich mich sicher fühle, wenn ich im Bombenhagel groß wurde? Ist die Frage nach dem „wie lange?“ überhaupt richtig? So schön wäre es, könnte die Frage anders lauten, könnte ein erleichterndes Wort schneller helfen. Es dauert lange. Sehr, sehr lange. Irgendwann lässt sich die Entwicklung spüren: Du kannst dich stückweise mehr entspannen, etwas mehr vertrauen, dich etwas sicherer fühlen. Es dauert lange. Sehr, sehr lange. Weiterlesen

So anstrengend.

Es ist anstrengend. Das Kind, es schätzt den Alkoholpegel rasch und sicher ein. Zuverlässiger als jedes Messgerät. Es kennt die Anzeichen – die Dauer der Schlüssellochsuche, das Schmatzen und Schnalzen, den Verlauf der Zunge beim Sprechen. Es ist anstrengend. Das Kind, es dirigiert. Nach vorn geschaut und aufgepasst! Schau nach vorn, schau mich an, hör mir zu, bevor dir ein dreckiger Witz einfällt: Lass nur ja keinen Gedanken aufsteigen. Denn wenn es zu spät ist, ist es zu spät. Geh schön zu deinem Sessel und sieh zum Fernseher, damit ich hinter dir vorbeihuschen kann, bevor deine Hände tatschend suchen. Der Weg ins Zimmer, er ist geschafft. Hier bleibst du jetzt, denkt das Kind. Im Gefängnis. Beschützt vor der Außenwelt – immerhin. Weiterlesen

Das Eigenleben der Seele, das Eigenleben des Körpers

Ich liege im Gras. Mein Körper ist angenehm warm. Irgendwo da oben im verlängerten Rückenmark wird meine Temperatur für mich reguliert. Der Atem geht von selbst. Millionen Darm-Bakterien sorgen fürs Gleichgewicht. Kommt ein Virus, macht der Körper, was er will. Ich höre meinen Puls. Es ist schön, dass ich mich nicht um alles kümmern muss. Ich kann mit meinen Gedanken spazieren gehen und der Körper lebt von selbst. Auch die Seele lebt. Vieles kann ich steuern. Doch nachts, da träume ich. Weiterlesen

Mainstream

Krippe viel zu früh, Ergo-, Sprachtherapie, Zahnspange, Weisheitszähne-Ziehen, Wurzelbehandlungen, Implantate. Standardgeburten mit PDA, Antidepressiva, Betablocker, Vorsorgeuntersuchungen am laufenden Band, bald Zahn-, Knie- und Hüftimplantate, Stents, Herzsc...

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Immer im Dienst

Die Augenlider so heiß. Das Fieber, es will nicht sinken. Jeder Knochen schmerzt. Schwer wiegen die Geldsorgen. Noch einmal den Gang zur Toilette wagen. Am besten das Handy mitnehmen - man weiß nie, ob nicht die Beine versagen. Der Weg zurück ins Bett ist gesc...

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So ist Einsamkeit

Du besuchst jemanden, dessen Tisch reich gedeckt ist, während Du selbst darbst. Du kannst das duftende Essen riechen. Du siehst, wie zufrieden der andere ist. Er hat einen Partner, Berührung, Kinder, Familie. Du klagst ihm Dein Leid. Du führst ein ausgeschlossenes Leben. Und dann stehst Du – vielleicht etwas gesättigt – wieder auf und gehst nach Hause. In die leere Kammer. Während Du weißt, oder meinst, zu wissen, dass der andere genug hat. So ist Einsamkeit. Weiterlesen

Amok

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„Warum, warum?“, fragen sie sich immer wieder. „Können sie das nicht verstehen?“, frage ich mich. „Ist ihnen Hass so fremd? Fühlen sie niemals diesen furchtbaren Drang, alles zu zerstören?“ Sie sind so merkwürdig erstaunt. „Astonished“, das englische Wort dafür klingt viel treffender. Man hört daraus, wie versteinert die Menschen sind. Doch mich hält nichts mehr. Und noch während ich schieße, denke ich, dass ich sie alle auf eine ganz merkwürdige Weise liebe. Und dass ich nicht will, was ich da tue. Plötzlich, aus dem Tumult, wie aus dem Nichts, ein Brennen. Und noch während ich zusammensinke, denke ich: „Vielleicht bekomme ich es doch noch – ein bisschen Liebe.“ (Gedanken eines Amokläufers. Text & Bild: Dunja Voos) Weiterlesen

In mir wohnt ein Monster …

In mir wohnt ein Monster, das greift mich an. Es rüttelt mich, es schüttelt mich, es will mich unglücklich machen. Es macht mir Schmerzen und nimmt mir die Luft zum Atmen. Das Monster hat immer Hunger und will von mir gefüttert werden. Es lässt mich in Ruhe, w...

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Die unbarmherzige Mutter

Das Kind, es bittet um Entschuldigung. Die Mutter sitzt auf dem Sofa. Und schweigt. Das Kind weiß nicht, warum die Mutter so wütend ist auf das, was es getan hat. Die Mutter ist unbarmherzig. Und schweigt. Den ganzen langen Sommernachmittag. Das Kind will verg...

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Warten

Wenn ich warte, denke ich, ich muss sterben. Es tut alles weh. Ich fühle mich gequetscht. Mein Herz stolpert und schmerzt. Ich habe Angst, dass es kaputt geht. In mir und um mich herum rutscht alles in eine Katastrophe. Wenn ich nichts tue, passiert etwas Schl...

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