Noch drei Minuten, sagt der grosse Zeiger. Gleich wird er klingeln, mein Patient. Wie fast jeden Tag zur vollen Stunde. Und ich kann nichts dagegen tun. Er wird da sein. Er wird wollen. Er will, dass ich zuhöre und nachdenke. Ich kann nicht weg. Dabei bin ich müde. Wie eine Mutter. Doch der Säugling, er gibt keine Ruhe. Er fordert und fordert. || Noch drei Minuten, sagt das Autoradio. Dann steige ich aus und begebe ich mich zur Tür meines Lehranalytikers. Er wird da stehen und auf mich warten. Ohne Gnade. Er fordert von mir, dass ich sage, was mir einfällt. Ständig. In jeder Sekunde. Meine ich. In meiner Welt. Er sitzt da und wartet und wartet. Wie ein Herrscher. Ich bin müde, ich will nichts mehr sagen. Doch er ist da, komme, was wolle.Weiterlesen
Da ist eine Perle in mir. Ich bin eine Auster und lasse mich in der Tiefe des Meeres sanft hin- und herbewegen. Meistens ist meine Schale zu, denn ich befürchte, dass man mir meine Perle klauen könnte, wenn ich mich öffne. Was aber, wenn es gar nicht (mehr) so ist? Was, wenn die anderen respektvoll vor mir stehen bleiben? Wenn sie mein Gesicht, meine Perle respektieren? Wenn sie selbst darum bemüht sind, meine Perle zu beschützen? Ich komme an einer anderen Auster vorbei. Sie ist weit offen und trägt eine wunderschöne Perle. Ich sehe sie glänzen. Neid kommt auf. Und auf einmal bin ich es, der rauben will! Ich will diese Perle haben, ich will sie klauen, mir zu eigen machen. Doch dann fällt mir meine eigene Perle ein. Ich hätte nichts davon, die andere Perle zu klauen. Sie würde nicht zu mir passen. Ich hinterließe eine leere Schale und würde selbst einsam werden. Da ist es doch sinnvoller, ich lasse meine eigene Perle in Ruhe wachsen, sodass sie selbst schön glänzt.Weiterlesen
„Also Du hast den Patienten verstanden. Und was machst Du dann, damit Du ihm hilfst?“, werde ich manchmal gefragt. „Da hat der Analytiker mich verstanden und ich habe mich allein dadurch um Längen besser gefühlt. Ich habe das Gefühl, es hat sich wirklich etwas verändert“, erzählt eine Patientin. „Und dann?“, fragt die Freundin. „Nichts ‚und dann‘ – das hat gereicht“, sagt die Patientin. Tatsächlich geraten Patienten und Analytiker manchmal in Erklärungsnot, wenn es an dieser Stelle um die Wirkung der Psychoanalyse geht. Es müsse doch etwas folgen, man müsse doch etwas machen, so der Gedanke. Doch man darf gelassen bleiben. Weiterlesen

Du wachst auf und alles dreht sich. Du musst Dich vielleicht übergeben, fühlst Dich benommen und bist wie seekrank, ohne auf einem Schiff zu sein. Die Diagnose: Neuronitis vestibularis – ein entzündeter Gleichgewichtsnerv. Vielleicht ist es aber auch eine Vestibularismigräne. Dieser Schwindel macht vor allem in den ersten Stunden sehr große Angst. Doch rede Dir gut zu und versuche, Dich ruhig zu verhalten. Wenn Du Deinen Mund und Deine Hände frei bewegen kannst, ist es sehr wahrscheinlich zumindest kein Schlaganfall. Du kannst den FAST-Test machen, um orientierend einen Schlaganfall festzustellen oder auszuschließen. Weiterlesen