Viele Phantasien sind tief in unserer Psyche verankert – manches wird uns manchmal bewusst. So könnte man sagen: Echte Kastrationsangst hat nur der Junge. Mädchen kann man nicht kastrieren – sie sind von der Phantasie her betrachtet in gewisser Weise schon kastriert. Es fehlt ihnen etwas. Daher könnten Mädchen möglicherweise nicht nur einen Penisneid, sondern auch eine Art „Kastrationskomplex“ haben. Nach dem Psychoanalytiker Karl Abraham (1921) äußert sich der Kastrationskomplex bei der Frau so: Sie hat den starken Wunsch, so zu sein wie ein Mann (Identifikation mit dem Mann, Wunscherfüllungstyp) oder den starken Wunsch, sich an Männern zu rächen (Rachetyp). Bildlich gesprochen soll der Vater dafür bluten, dass er die Tochter nicht genug geliebt und die Mutter bevorzugt hat. Weiterlesen
Die „Transference Focussed Psychotherapy (TFP)“ heißt auch „Übertragungs-fokussierte Borderline-Therapie“. (Nicht verwirren lassen: Auch die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie wird mit TfP abgekürzt.) Die Übertragungsfokussierte Psychotherapie ist eine spezielle Form der psychodynamischen (= tiefenpsychologischen) Psychotherapie, bei der sich Therapeut und Patient auf die Übertragung und die Gegenübertragung konzentrieren. Eigentlich ist es also Psychoanalyse. Eine typische Frage des Analytikers lautet zum Beispiel: „Und wie ist es für Sie hier bei mir? Bin ich nun auch jemand, der Sie nicht akzeptiert, so wie Ihr Chef es tut?“ Vollständig entwickelt wurde die TFP im Rahmen des Psychotherapy Research Project (springerlink) der Menninger Foundation von John F. Clarkin (Borderlinedisorders.com, PDF), Frank E. Yeomans (FrankYeomans.com) und Otto F. Kernberg.Weiterlesen
Menschen mit einer Cluster-B-Persönlichkeitsstörung zeichnen sich dadurch aus, dass sie besonders launisch und instabil sind. Die Betroffenen sind sehr emotional – alles scheint bei ihnen sehr dramatisch zu sein, wie auf einer Bühne. Das ist natürlich auch eine kulturelle Frage: Ein Brasilianer erhält vielleicht eher die Diagnose „Cluster-B-Persönlichkeitsstörung“ als ein Norweger. Zu den Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen zählen Persönlichkeitsstörungen mit dramatischem, emotionalem und launenhaftem Verhalten, also vereinfacht gesagt die Borderline-Störung, die histrionische, die narzisstische und die dissoziale (antisoziale) Persönlichkeitsstörung (APS). Weiterlesen
Auf einer Skala von eins bis zehn – wie groß ist Dein Hass? Hass taucht dann auf, wenn wir zutiefst verletzt werden und uns niemand versteht. Es gibt verschiedene Arten von Hass. Die Mutter hasst den Vater, der ihr das Baby wegnimmt – oder umgekehrt. Es ist ein Hass ohne Boden, ein Leere-Hass, ein Angst-Hass, ein Verzweiflungs-Hass, ein unerträgliches Gefühl der Ohnmacht. Du wirst fallen gelassen. Das Kind hasst die Lehrerin, die es zu etwas zwingt, was es nicht will. Hass entsteht, wo einer von einem anderen abhängig ist und wo einer dem anderen Böses tut oder etwas abverlangt, was völlig gegen den eigenen Willen ist. Es gibt Hassgefühle, die entstehen durch einen gewaltsamen Kontakt, aber auch Hassgefühle, die entstehen, weil etwas gewaltsam entzogen wird. Je tiefer der Schaden, desto größer der Hass.Weiterlesen
In Psychotherapien werden Patienten häufig darauf aufmerksam gemacht, dass sie „Man“ statt „Ich“ sagen, wenn sie von sich sprechen. Die Zielsetzung dieser Intervention ist klar: Der Patient soll an „Ich-Stärke“ gewinnen, indem er bewusst „Ich“ sagt, denkt und fühlt. Viel wichtiger finde ich es jedoch, länger damit zu warten, den Patienten darauf aufmerksam zu machen. Denn es ist extrem interessant, darauf zu achten, wann er von „Man“ spricht und wann von „Ich“. Oft ist es hilfreich, den Patienten erst dann darauf aufmerksam zu mache, wenn man schon ein System dahinter erkennt. Oder man wartet einfach und schaut, wie sich die Sprache im Laufe der Therapie verändert. Weiterlesen
Das Trauma, es ist immer in mir. Ich erinnere mich (nicht). Ich habe (keine) Bilder dazu. Ich sehe außen so vieles davon wieder. In Gesichtern, Absichten, Körperhaltungen, Tageslichtern. Worten. Täglichen Gefängnissen. Doch wie soll ich leben und arbeiten, wenn es immer in mir ist? Ich spüre: Es ist nicht starr. Ich kann es hin- und herbewegen. Und ich kann meinen Körper bewegen. Manche Körperhaltungen bringen mich dem Trauma näher. Und wieder weiter weg. Das Trauma will gesehen, gefühlt, besprochen, beschwiegen, gehalten und gewürdigt werden. Aber es ist auch das andere da. Das Gute und Gesunde und das Unbeschädigte. Das Leben ist wie eine Welle – es geht auf und ab. Weiterlesen