„Immer, wenn ich mich verliebe, werde ich psychotisch.“ Eine Anti-Liebeserklärung an den, den ich liebe
Man solle sich „in sich selbst zu Hause fühlen“ – dann könne man auch eine Partnerschaft eingehen, heisst es. Und doch ist das für manche Menschen ein Ding der Unmöglichkeit, weil das „Zuhause“ ein Ort von Geschrei, Missachtung und Grausamkeit war. Es gibt Menschen, die dauerhaft alleine leben, weil sie immer wieder Eines spüren: Sobald eine engere Beziehung „droht“, geht es ihnen sehr schlecht. Liebe kann heilsam sein, doch viele kommen gar nicht dazu, sich in eine liebende Beziehung zu begeben.
Das innere psychische Chaos, die Verwirrung, die Verwechslung mit früher, das Gefühl von Überwältigung kann auftreten, sobald eine Beziehung näher wird. Erinnerungen an frühe Gewalt, die kaum bewusst erinnert werden kann und doch im Gefühls- und Phantasieleben auftaucht, können verhindern, dass wir uns näher auf einen anderen Menschen einlassen. Die Liebe wird ersehnt und erträumt, doch schon bei der Annäherung wird klar: Da kommt pure Panik auf. Das Gefühl, zu sterben, kann entstehen, die Angst zu ersticken, der Drang, wegzulaufen. Sexuelle Gefühle, Phantasien und Erinnerungen erschweren das Ganze. Günstig ist es, wenn es wenigstens einen Menschen im Leben gab, dem man zumindest halbwegs vertrauen konnte und der zumindest in Gedanken Stabilität lieferte.
„Immer, wenn ich mich verliere, äh verliebe, werde ich psychotisch“, hörte ich. Und darum geht es: Wenn du betroffen bist, hast du vielleicht das Gefühl, dich selbst in der Zweierbeziehung zu verlieren. Zu zweit zu sein bedeutet für dich, ständig nach dem anderen schauen zu müssen. Es entstehen Gefühle von Ungetrenntheit, Realitätsverlust, Über-Identifizierung und Überwältigtwerden.
Wenn du in der Nähe bist …
„… werde ich regressiv, depressiv, orientierungslos. Ich fühle mich gefangen, kann mich nicht mehr frei bewegen. Ich werde hoffnungslos, weiß nicht mehr, ob es deine oder meine Gedanken sind. Ich fühle mich eingenordet, wie in einem Korsett. Ich muss Rücksicht nehmen. Und weil ich mich für unausstehlich halte, glaube ich, dass auch Du mich nur schwer ertragen kannst. Ich fühle mich verwirrt und ich will Dich verwirren. Um Dich auf Abstand zu halten. Kämest Du mir zu nah, würde ich nicht mehr wissen, ob ich noch nach meinem Willen lebe. Eine Anti-Liebeserklärung an den, den ich liebe„, schrieb ich selbst einmal. Viele Jahre kann es dauern, bis die Partnerschaft kommt und bleibt.