Ein Patenschaftssystem oder eine Stiftung zur Finanzierung von Psychoanalysen und Psychoanalyse-Ausbildungen gründen?

Zum Glück können viele Patienten in Deutschland eine Psychoanalyse machen, weil sie unter der Bezeichnung „Analytische Psychotherapie“ von den Krankenkassen bezahlt wird. Doch das ist nicht immer so. Beispiele: Die Krankenkasse hält die Psychoanalyse bei einem Patienten für eine ungeeignete Therapie. Die Krankenkasse ist der Meinung, dass der Patient genügend Sitzungen hatte, sodass keine weiteren Stunden bezahlt werden. Der Psychoanalytiker ist weder Arzt noch Psychologe. Dann gilt er trotz seiner jahrelangen Ausbildung als „Laienanalytiker“ und darf nur Selbstzahler behandeln. Ich frage mich: Wie kann die Psychoanalyse für Menschen möglich werden, wenn die Kasse nicht zahlt?

Abhängigkeit auf Zeit

Die Psychoanalyse beabsichtigt eine Abhängigkeit auf Zeit. Durch die emotional enge Bindung zum Analytiker wird es dem Patienten möglich, Beziehung neu zu erfahren und neue Gefühle damit zu verbinden. Wenn der Patient jedoch nicht (ausreichend lange) von der Krankenkasse unterstützt wird und nicht über das Geld verfügt, um die Behandlung aus eigener Kraft zu finanzieren, verzweifelt er. Er spürt, dass die gemeinsame Zeit mit dem Analytiker vielleicht die einzige Chance ist, aus seinem Elend herauszufinden.

Ein einziger Mensch reicht

Ich selbst arbeite gerne mit schwer leidenden Patienten aus sozial schwachen Schichten. Ich glaube fest daran, dass es nur einen Menschen geben muss, der an den „hoffnungslosen Fall“ glaubt, damit sich die innere und äußere Welt für ihn ändert. Mit der Psychoanalyse kann man nur wenigen Menschen helfen – doch das so grundlegend, dass es sich lohnt.

Psychoanalyse-Paten könnten helfen. Was, wenn sich Menschen zusammenschließen würden, um die Behandlungskosten eines oder mehrerer Patienten zu übernehmen? Eine Psychoanalyse-Sitzung kostet entsprechend dem Kassensatz rund 100 Euro. Doch nicht der Patient bekäme die Rechnung, sondern die Paten würden das Honorar übernehmen.

Wie hoch wären die Kosten?

Orientiert an der Psychotherapierichtlinie könnte man zum Beispiel 300 Stunden festlegen, verteilt über zwei bis drei Jahre, wobei die Arbeit mit schwer traumatisierten Menschen leicht oft das Doppelte und mehr an Zeit in Anspruch nimmt. Für Patienten ist kaum etwas schlimmer, als eine Psychoanalyse in einer wichtigen Entwicklungsphase beenden zu müssen.

Eine Garantie für einen guten Psychoanalyse-Verlauf gibt es nie

Die Psychoanalyse sucht nach Wahrheiten. Welche Wahrheiten auf der Suche gefunden werden, kann niemand voraussehen. Doch meistens melden sich nur hoch motivierte Menschen mit starkem Leidensdruck für eine Psychoanalyse an. Die Paten können also davon ausgehen, sie den Patienten ein ernsthaftes und sicheres Arbeiten ermöglichen. Die Idee, eine Stiftung zur Finanzierung von Psychoanalysen zu gründen, ist noch nicht mehr als ein Gedanken-Experiment und ich bin sehr gespannt auf Ihre Resonanz. Lust, mitzudenken? Ich freue mich: voos@medizin-im-text.de

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