Mit einem Ruck
Ein Gedanke, ein Gefühl, ein Bild, eine Atmosphäre. Manchmal auch nichts. Dann ein innerer Ruck. Er geht durch Körper und Psyche. Der innere Boden wird weggezogen. Eine ungeheure Schwäche kommt. Orientierungslosigkeit. Die anderen gucken schon. Die Erschütterung ist da, die Kaskade geht los. Im Darm löst sich alles. Die Panik bricht durch, äußere und innere Wände werden porös. Eine Frage von Millisekunden.
Es kann immer und überall passieren. Es fehlt plötzlich die schützende Hülle. Man möchte sich einkuscheln, doch es ist keiner da. Die Welt ist leergefegt. Und dann ist man auch noch verantwortlich für die Kinder, die Kunden, die Patienten, die Mitreisenden. Man muss durchhalten. Doch der Ruck ist stärker als der Wille. Zusammenreißen geht nicht mehr. Der Ruck, er hat alles erschüttert. Das Herz schmerzt und stolpert, an der Stirn ist der nasse Haaransatz zu spüren. Keine fünf Minuten hält man das mehr durch – meint man. Und man weiß: Die Beben des Rucks können tagelang nachwirken, bis es endlich wieder ruhig wird. Langsam, ganz langsam …
Tägliches Yoga über Jahre kann helfen, das System zu stabilisieren. Und in der Psychoanalyse lässt sich manchmal erleben, wie das bröckelige Gefühl erstaunlich rasch wieder nachlassen kann. Wenn die richtige Deutung kommt, ist es, als wenn hörte der freie Fall auf und als werde ein neuer Boden hineingeschoben. Wenn man etwas versteht, wenn sich ein Now Moment, eine Begegnung einstellt, ist es, wie heilsam berührt zu werden. Die Schleusen gehen wieder zu, die Orientierung ist wieder da, die Haut wird wieder heil.
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Aktualisiert am 20.06.2025